Fidel Castro – Das Ende einer Ära

Er ist bzw. war eine der schillerndsten politischen Persönlichkeiten des 20. Jhs., die die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich mit beeinflusst hat. Faszinierend und abschreckend zugleich gehört Fidel Castro zu den großen Staatsmännern dieser Epoche, in einem Atemzug zu nennen mit Kennedy und Gorbatschow, Hitler und Stalin, Adenauer, de Gaulle und Churchill.

Die vorliegende zweistündige Dokumentation von Adriana Bosch möchte Licht ins Dunkel bringen, indem in einer historischen Aufarbeitung versucht wird, das Mystische um die Person Fidels von der Realität abzugrenzen. Die chronologisch vorgehende Dokumentation verschränkt Originalaufnahmen mit Interviewausschnitten von ehemaligen Weggefährten Fidel Castros, seien es Mitstreiter, Angehörige und Gegner, um dem vielschichtigen Bild des Zigarre rauchenden Máximo Líder gerecht zu werden.

Der erste Teil befasst sich mit Castros Kindheit und Jugend. Als Sohn von Großgrundbesitzern engagiert sich der Jurastudent schnell in der Politik, die sich nach 1945 damit konfrontiert sieht, dass der Reichtum Kubas auf der Karibikinsel ungerecht verteilt ist. Durch den Putsch von General Batista wird dem ehrgeizigen Castro die demokratisch legitimierte Möglichkeit des Wahlsieges genommen, der Versuch der Eroberung der Moncada-Kaserne am 26.07.1953 scheitert blutig. Doch mit der Bewegung eben jenes Datums ist die kubanische Revolution, die sich gegen die Schrecken des Batista-Regimes wendet, nicht mehr aufzuhalten. Als die Amerikaner, die Schutzmacht über Kuba, dem Diktator die Rückendeckung versagen, ist der Sieg der Revolutionäre aus dem Volk nicht mehr zu stoppen. Am Neujahrstag 1959 flüchtet Batista aus dem Land, der Einzug der Befreier in Havanna gleicht einem Triumphmarsch.

Daran anschließend gilt es, die Macht zu sichern, die Befreier werden schleichend zu Unterdrückern. Auf Verhaftungen folgen Exekutionen, auf diese der Exodus der Intelligenzia, vor allen Dingen in die USA. In den Vereinigten Staaten wird in der McCarthy-Ära das Geschehen auf der Nachbarinsel wachsam beobachtet, denn es besteht die Frage, ob Fidels Vorgehen mehr als nur eine Rebellion gewesen ist. Viel wichtiger ist, ob sie sozialistisch-kommunistisch motiviert ist.

Der weitere Verlauf widmet sich dem globalpolitischen Verlauf der Revolution: dem Druck der Exil-Kubaner in Miami auf die US-amerikanische Regierung, Castro zu stürzen. Dem gescheiterten Invasionsversuch in der Schweinebucht. Dem Schulterschluss Fidel Castros mit Moskau, der mit der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen vor der Haustür der USA beinahe den Dritten Weltkrieg ausgelöst hätte. Den Auswirkungen des Embargos auf das Alltagsleben. Dem Export der kubanischen Befreiungsidee nach Südamerika – Castros Mitstreiter Ché wird in Bolivien besiegt und getötet und wird somit zur Ikone – und nach Angola. Den Auswirkungen von Gorbatschows Glasnost und Perestroika Mitte der 1980er Jahre.

Für geschichtsinteressierte Laien ist die vorliegende DVD ein ambitioniertes Werk, das Kurzweile verspricht und seine Hauptintention, nämlich das Schließen von Bildungslücken, mit Bravour meistert. Unterm Strich also eine gelungene Produktion. Allerdings müssen sich die DVD bzw. ihre Macher abschließend drei Kritikpunkte gefallen lassen:

Erstens: Es überwiegt die westliche Sicht auf Fidel Castro und somit die Kritik. Das ist legitim, doch wäre es interessant gewesen, Kubaner zu befragen, die auf Kuba leben – wenn denn möglich.

Zweitens: Es wäre weiterhin interessant gewesen, wenn die DVD nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt Fidels und der Übergabe der Regierung an seinen Bruder Raúl einen Ausblick gegeben hätte…wie wird Kuba sich als eines der wenigen noch existierenden sozialistischen Länder entwickeln?

Drittens: Als vollkommen nervig und unseriös ist der Umstand zu bewerten, dass die Dokumentation viele Original-Ausschnitte von Auftritten und Reden Castros zeigt, diese jedoch nicht ins Deutsche übersetzt oder untertitelt. Das schlechte Englisch versteht man, aber beim Spanischen gebe ich auf. Hier wird leider eine künstliche Distanz aufgebaut, sodass immer über Fidel Castro gesprochen wird, man jedoch nicht nachvollziehen kann, was er sagt. Mitunter der größte Schwachpunkt, der jedoch der angestrebten Bildung nicht abträglich ist.