Lost Highway

Und wieder eine Wiederveröffentlichung als BluRay-Neuauflage. Concorde Home Entertainment bietet nicht nur die David Lynch Collection, sondern auch einzelne Teile daraus auf dem HD-Medium. Mit LOST HIGHWAY haben wir uns eines seiner skurrilen Werke angeschaut und versuchen nun, darüber eine Rezension zu verfassen.

Surreal. Das ist wohl der treffendste Ausdruck für dieses Machwerk. Eine Mischung aus Surrealismus, Alptraum, erotischen Phantastereien und vielem mehr wird hier in bildgewaltiger Kunst auf den heimischen Fernseher gezaubert, natürlich, wie es das Medium hergibt, in einer phantastischen Auflösung. Die Geschichte ist zu verworren, um sie wirklich sinnvoll wiederzugeben, und man würde auch viel zu viel vom eigentlichen Film verraten, wenn man zu viel Preis gibt, nichtsdestotrotz wollen wir aber zumindest den mehr oder weniger eingängigen Anfang zusammenfassen.

Der Saxophonist Fred Madison erhält Videobotschaften, in denen sein Haus zu sehen ist. Irgendjemand scheint nicht nur von draussen zu filmen, sondern auch im Haus selbst Bilder zu drehen. Verängstigt wird die Polizei gerufen. Nach einer wilden Party kommt Madison in seinem Haus wieder zu sich: er wird von einem Polizisten geschlagen, um ihn herum herrscht Chaos: alles deutet darauf hin, dass er im Rauschzustand seine Frau bestialisch ermordet hat. Er wird zunächst eingesperrt, doch in der Gefängniszelle wird er von heftigen Krämpfen und wahnsinnigen Kopfschmerzen geplagt. Als die Wachleute am nächsten Morgen die Zelle öffnen, befindet sich nicht mehr Fred Madison darin, sondern Pete Dayton, ein Automechaniker, der zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hat, wie er in die Zelle gelangt ist…

LOST HIGHWAY kann man in mehrere Abschnitte unterteilen, die zunächst nur wenig miteinander zu tun haben (ähnlich dem wenige Jahr davor erschienenen Pulp Fiction), um sich dann später wieder zu einem Gesamtbild zu vereinen, das aber nur auf einer für den Film Sinn ergebenden Basis bestand hat. Der 1996 gedrehte Film von Regisseur David Lynch lässt nicht nur die Figuren in seiner Geschichte verstört zurück: auch der Zuschauer weiß nicht wirklich, was er mit all den Transformationen und Zeitschleifen anzufangen hat. Entsprechend groß ist die Deutungsvielfalt, mit der der Film zu entschlüsseln versucht wurde.

In den Hauptrollen spielen sich Bill Pullman, Patricia Arquette und Balthazar Getty gegenseitig mehrfach an die Wand und bestechen durch ausdrucksstarke Emotionen, die den Figuren der Geschichte zusätzlichen Wahnsinn verleihen. Ebenfalls nicht unbemerkt bleibt der bestechend gute Soundtrack des Films, um den sich niemand geringeres als Trent Reznor (Nine Inch Nails) kümmerte, und auf dem nebst Nine Inch Nails noch Interpreten wie Rammstein, David Bowie, Lou Reed, etc. vertreten sind.

Überhaupt ist auffällig, dass dieser Film sehr stark „Rock n Roll“ zu sein scheint, denn in Nebenrollen sind Henry Rollins (Henry Rollins Band) sowie Brian Hugh Warner und Twiggy Ramirez (beide Marilyn Manson) vertreten.

LOST HIGHWAY ist definitiv kein Film für Leute, die klare Strukturen und sauber aufgelöste Handlungsstränge mögen. Hier geht es eher um die Bilder und die Geschichte an sich, deuten kann man hinterher, soviel man will. David Lynch jedenfalls hat hinterher keine Bedeutung, Lösung oder Erklärung bereit gehalten, die man sich anschauen könnte, sondern sagte sinngemäß, dass man diesen Film für sich selbst deuten möge, jeder auf seine individuelle Art und Weise, dass die Bilder als solche wirken sollen, und nicht zwingend darauf aus seien, verstanden zu werden. Das ist ihm jedenfalls bestens gelungen, und auch, wenn man hinterher einige Knoten mehr in den eigenen Gehirnwindungen hat, so ist man doch irgendwie erleichtert, dieses Stück Filmgeschichte nicht verpasst zu haben, auch wenn man nicht wirklich viel schlauer ist als vorher!