I Am You

Auf der wahren Begebenheit eins Mordes aus Melbourne aus dem Jahre 1999 beruhend, erzählt der Film I AM YOU die traurige Geschichte über die 15-jährige Rachel Barber, die eines Tages nach dem Tanzunterricht nicht nach Hause kommt und wie vom Erdboden verschluckt worden zu sein scheint. Die Eltern geraten innerhalb weniger Stunden in höchste Panik, zumal ihre Tochter niemals vorgehabt hätte, von zu Hause wegzulaufen, doch die Behörden stellen sich erst einmal stur. Vor Ablauf von 24 Stunden kann man sowieso nichts tun, und aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie einfach abgehauen. Der Zuschauer erfährt bereits in der Mitte des Films, dass dem leider nicht so ist…

I AM YOU wechselt im Verlauf der Geschichte 3x die Zeiten. Zunächst wird das Verschwinden der Tochter gezeigt, die Panik der Eltern, die Sturheit der Behörden, die daraus resultierende Hilflosigkeit. Dann macht die Geschichte den ersten Sprung in die etwas weiter zurückliegende Vergangenheit. Wir beobachten Caroline, die Babysitterin von Rachels kleinerer Schwester. Die Nachbarstochter ist das genaue Gegenteil von Rachel. Rachel ist liebreizend, beliebt, eine gute Tänzerin, schlank, gutaussehend. Caroline leidet unter ihrem Übergewicht und fühlt sich zudem nicht geliebt, obendrein leidet sie noch unter epileptischen Anfällen. Ihre Eltern sind dabei, sich zu trennen. Caroline, die nur nach der Zuneigung ihres Vaters sucht, macht ihre Mutter dafür verantwortlich, die wiederum ist mit dem Mädchen überfordert, der Vater will sich aber auch nur bedingt um sie kümmern.
Ein weiterer Sprung zeigt Caroline vier Jahre später. Ihr Hass bzw. ihre Eifersucht auf Rachel ist noch weiter gewachsen, ebenso ihre psychischen Probleme. Perfide plant sie, wie sie Rachel zu sich nach Hause locken kann, um sie dort umzubringen und danach, so ihr Verständnis, ihre Rolle im Leben zugeordnet zu bekommen. Der Plan scheint aufzugehen…

Alle weiteren Einzelheiten wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, denn es soll ja auch noch ein wenig spannend bleiben. In der Rolle der Eltern brillieren ein weiteres Mal Guy Pearce sowie Miranda Otto. Verzweifelt und hilflos müssen sie versuchen, die Hoffnung nicht aufzugeben und sich gegen das polizeiliche System zu stemmen. Rachel selbst wird von Kate Bell gespielt, allerdings ist ihre Aufgabe in dem Film recht simpel gestrickt: nett aussehen, freundlich lächeln. Das kann sie recht gut. Sam Neill tritt in einer Nebenrolle als Carolines Vater auf, ebenfalls wie gewohnt überzeugend. Getragen wird der Film allerdings von der schauspielerischen Leistung von Ruth Bradley, die die Rolle der Caroline so glaubwürdig spielt, dass man zeitweise vergisst, dass es hier nur eine filmische Darstellung der wahren Begebenheit zu sehen gibt, und nicht etwa echte Beweisaufnahmen.
Der Wechsel zwischen einem Mädchen, das ihre Emotionen unter Kontrolle hat, bis hin zum völligen Selbstverlust und Psychosen erfolgt mal fließend, mal auf Knopfdruck. Hervorragend, beängstigend. Furchtbar obendrein, dass all dies tatsächlich so geschehen ist.

Ebenfalls möchte ich die unglaublich intensive Filmmusik von Ben Frost loben, die vielfach für sehr gute Hintergrundberieselung sorgt und sich damit perfekt in den Film einfügt.
I AM YOU strotzt nicht vor Action, strotzt nicht vor Blut oder Schocksequenzen, trotzdem ist der Film alles andere als langweilig. Hier ist es der schleichende Terror, das Wissen, das diese ganze Geschichte kein gutes Ende hat, was einen gebannt zusehen lässt. Und letztendlich ist es auch die Fassungslosigkeit, dass so etwas noch passieren kann und nicht rechtzeitig die Anzeichen einer solchen Tat erkannt werden. Mit I AM YOU liefert Regisseurin Simone North eine intensive, eindrucksvolle Arbeit ab.