Trust

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Diese Weisheit hätte sich auch Annie, die Protagonistin in dem Film TRUST, hinter die Ohren schreiben sollen. Doch manche Leute lernen einfach nicht aus solch alten Binsenweisheiten. Doch es wäre falsch, einem vierzehnjährigen Mädchen die Schuld an dem zu geben, was Kern des Films ist.

Annie ist vierzehn Jahre alt, ein typischer Teenager. Ihr älterer Bruder ist gerade dabei, das Elternhaus in Richtung College zu verlassen, aber auch Annie sehnt sich nach Anerkennung, nach dem Erwachsenwerden. Wie das bei pubertierenden Jugendlichen so ist, fühlt sie sich von niemandem so richtig verstanden. Niemanden? Das stimmt nicht ganz. Charlie, eine Internetbekanntschaft, scheint immer ein offenes Ohr für sie zu haben, hat immer den richtigen Rat für sie. Schon nach kurzer Zeit werden die Chats, die SMS und dann auch die Telefonate intimer. Ein wenig Zweifel kommen in ihr auf, als Charlie ihr erklärt, dass er sie bezüglich seines Alters angelogen hat, doch auf die paar Jährchen kommt es ihr im Endeffekt nicht an, also verzeiht sie ihm. Als ihre Eltern dann unterwegs sind, vereinbart sie ein Treffen mit Charlie. Der ist aber nicht nur wenige Jahre, sondern deutlich älter, und es bedarf seinerseits Engelszungen, um Annie zu überreden, trotzdem den Tag mit ihm zu verbringen, schließlich ändere sein Alter ja nichts an der Tatsache, dass die beiden sich so gut verstehen würden. Annie vertraut ihm, und in ihrem jugendlichen Leichtsinn geht sie mit ihm in ein Hotel, wo er sie nach kurzer Zeit vergewaltigt…
Doch Annie fühlt sich zunächst gar nicht als Opfer, sondern ist fest davon überzeugt, dass Charlie es ernst mit ihr meinen würde. Nur durch die Tatsache, dass er sich nicht mehr bei ihr meldet, und durch das mutige Einschreiten ihrer besten Freundin kommt die Geschichte ans Licht. Der eigentliche Alptraum für sie und ihre Eltern beginnt damit aber erst…

TRUST ist eigentlich ein Familiendrama. Dass Clive Owen auf dem Cover mit einer Waffe dargestellt wird, ist eigentlich irreführend, denn im ganzen Film greift er nicht ein einziges Mal zur Waffe (abgesehen von einer kurzen Traumsequenz, in der er im Waffenladen steht). Wer also mit einem Rache-Actionthriller rechnet, wird hier derbe enttäuscht. Hier geht es vielmehr um die Fassungslosigkeit ob einer solchen Tat, die Hilflosigkeit der Eltern, die das Gefühl haben, ihr Kind nicht beschützen zu können, die Schamgefühle der Tochter, und letztendlich auch um die Skrupellosigkeit, mit der ein pädophiler Vergewaltiger seine Opfer einlullen kann. Von dieser Seite aus betrachtet kann TRUST sicherlich als Aufklärungsfilm gelten, und zwar nicht nur für die Teenager, die auf solche Kerle hereinfallen könnten, sondern auch für Eltern, die nicht im Bilde darüber sind, was ihre Kinder über Internet und Smartphones für Möglichkeiten haben, bzw. welche Gefahren dort auf sie lauern.

TRUST ist an sich erschütternd, schwächelt aber dahingehend, dass es so gut wie gar keine Actionsequenzen gibt, die das Cover (wie bereits erwähnt) im Vorfeld suggerieren. Dass die Geschichte ein offenes Ende hat, bei dem der Täter auf freiem Fuß zu bleiben scheint, ist ebenfalls für den Zuschauer unbefriedigend (wenn auch wahrscheinlich realistisch). TRUST zu schauen ist bei weitem keine Zeitverschwendung, aber spannende Unterhaltung sieht auch anders aus. Hier hätte man aus der Geschichte deutlich mehr machen können.