Collin McRae Dirt 2 (Xbox 360)

Ich bin weiß Gott kein Fan von Rennspielen. Immer nur im Kreis fahren, andere Autos überholen, um dann beim kleinsten Fahrfehler wieder bestraft zu werden, während der Rest des Feldes genüsslich an einem vorbeizieht und sowieso eigentlich immer Ideallinie fährt? Ohne mich. Ausserdem bin ich es leid, mit Strafsekunden abgespeist zu werden, wenn ich mal ein wenig drängel, aber die KI darf mich notfalls komplett aus der Bahn schubsen. Das wäre ja nur halb so schlimm, wenn man dann wenigstens ebenfalls die Möglichkeit hätte, andere wegzurammen, aber nein, die KI-Autos sind wie festbetoniert auf der Bahn. Etwa mit dieser Einstellung lege ich COLLIN MCRAE DIRT 2 ins Laufwerk, um die nächsten sechs Stunden in einen Autofahr-Wahn zu geraten…

Seit Gran Turismo 4 hat mich noch kein Rennspiel derartig fesseln können wie DIRT 2. Ob das nun an den Rennen an sich liegt, an der überragenden Grafik oder den kleinen Details, die das Spiel so liebenswert machen, kann ich gar nicht so genau sagen. Fangen wir aber vorne an. Als Anfänger im Rallye-Business haben wir lediglich drei Dinge: einen alten Imprezza, einen noch älteren Wohnwagen, der als Hauptmenü herhalten muss, sowie den Willen, bald schon mehr Anerkennung im Fahrerfeld zu erlangen. In DIRT 2 sammelt ihr zweierlei Dinge durch die Rennen: Preisgelder und Erfahrungspunkte. Mit ersterem könnt ihr euch Verbesserungspakete für die Autos kaufen oder gleich neue Wagen zulegen, zweiteres lässt euch im Rang aufsteigen und eröffnet zusätzliche Rennevents. Je mehr Erfahrung, desto mehr offene Rennen, desto mehr Möglichkeiten, Preisgelder und Erfahrungspunkte zu sammeln… Und schon hat euch der Teufelskreis gepackt, in dem ihr immer die Stimme eures Gewissens sagen hört „du solltest eigentlich noch dies und jenes erledigen“, wohingegen der innere Schweinehund sagt „komm, ein kurzes Rennen kannst du noch fahren“.

Alleine schon die Aufmachung vom Menü ist derart spaßig, dass man sich sogar die Zeit nimmt, alles genauestens zu erforschen, wo man bei anderen Spielen lediglich auf „weiter“ drückt. Besonders cool ist dabei zum Beispiel, dass ihr, so ihr denn einen gängigen Namen habt und diesen auch im Menü auswählt, von sämtlichen Fahrern im Feld namentlich angesprochen werdet. Deutlich spannender als „Spieler 1“ oder ähnliches.

Die Steuerung der Fahrzeuge ist schnell erlernt, und schon nach kurzer Zeit wird es euch gelingen, zielsicher um Kurven zu sliden. Wenn dann doch mal etwas schief läuft, gibt es eine Rückspulfunktion, mit der ihr das Rennen ein paar Augenblicke zurücksetzen könnt, um euren Fehler auszubügeln. Je einfacher ihr den Schwierigkeitsgrad wählt, umso mehr Rücksetzpunkte erhaltet ihr.

Das Spiel ist stark arcadelastig aufgebaut, allerdings dabei auch realistisch genug, um nicht als Funracer durchzugehen. Eine Bestrafung für rempeln und rammen gibt es nicht, allerdings geht euer Auto auch gerne bei solchen Aktionen kaputt, ihr solltet also nicht wie in Death Race auf die restlichen Fahrer losgehen. Wenn ihr allerdings im richtigen Tempo den richtigen Punkt erwischt, gibt es nichts spaßigeres, als andere Autos um 180° zu drehen und dabei lachend an ihnen vorbeizufahren. Schadenfreude werdet ihr aber auch von den anderen Fahrern zu spüren bekommen, wenn es denen gelingt, euch auszumanövrieren.

Zusätzlich zu einem „normalen“ Rennen bietet COLLIN MCRAE DIRT 2 noch viele andere Spielmodi, um für nötige Abwechslung zu sorgen. So habt ihr beispielsweise das eine oder andere Verfolgungsrennen, fahrt im Team mit einem virtuellen Beifahrer, der euch Kurvenrichtung, empfohlene Geschwindigkeit etc. ansagt (was wirklich eine gute Hilfe ist), bei anderen Rennen tretet ihr lediglich gegen die Zeit an und müsst möglichst viele Schilder kaputt fahren, für die ihr jeweils einen Zeitbonus erhaltet, dann wieder fordern euch gegnerische Fahrer zu Duellen auf oder es gilt, bei einem Rennen in keinem der gegebenen Zeitintervalle an letzter Stelle zu fahren (Last Man Standing) oder bestimmte Streckenabschnitte in Bestzeit zu fahren (Domination)… Es bleibt das ganze Spiel über abwechslungsreich, denn auch eine Menge verschiedenster Fahrzeuge steht bereit, von den unterschiedlichen Strecken und Austragungsorten (und den entsprechenden Landschaftsgegebenheiten) ganz zu schweigen. Von den engen Straßen Londons über Marokko, Kroatien, Japan, China bis hin zu den weitläufigen Strecken in Baja bekommt ihr einiges zu sehen.

Der Karrieremodus ist nicht so euer Fall? Kein Problem, denn auch der Multiplayer-Teil hat es in sich. Was sich von selbst versteht: hier könnt ihr keine Schwierigkeit einstellen, die menschlichen Gegner fahren in der Regel deutlich aggressiver, und so wird es auch entsprechend schwerer, sich zu behaupten. Ja, ihr habt richtig gelesen: in DIRT 2 geht es nicht nur gegen Ghosts und deren Bestzeiten, sondern gegen reale menschliche Spieler.
Unterteilt wird hierbei in den Pro-Modus, bei dem die Spiele bewertet werden, sowie die Jam-Session, wo zwar keine Bewertung erfolgt, ihr dafür aber sämtliche Einstellungen frei vorgeben könnt, seien es Fahrzeugklassen, Schaltung manuell oder automatik, Spielansicht (Verfolger oder Cockpit), etc.
Apropos Cockpit: auch hier habt ihr die Möglichkeit, viele Spielereien auszutesten, denn es gibt nicht nur spezielle Lackierungen für die Autos freizuschalten, sondern auch Accessoires, die ihr auf die Innenraumablage stellen oder an den Spiegel hängen könnt. Sehr witzige Idee, zumal das eigentlich ein völlig überflüssiges Feature ist, dem Spiel aber so viel mehr Leben einhaucht.

Wer gerne Rallye-Rennen fährt, wird COLLIN MCRAE DIRT 2 einfach vergöttern müssen, wenn selbst ich, der ich keine Rennspiele mag, dieses Spiel heiß und innig liebe und es nicht erwarten kann, die nächsten Runden zu fahren. Puristen mögen vielleicht bemängeln, dass Realismus und Simulation ein wenig in den Hintergrund gerutscht sind, dafür steigt aber der Spielspaß um ein vielfaches. Meiner Ansicht nach das momentan beste Rennspiel auf dem Markt!