Dragon Age: Origins (Xbox 360)

Die Herrschaften von Bioware haben wohl jeden Rollenspielfan schon irgendwann mal an den Rechner oder die Konsole gefesselt. Neben Blizzard, die allerdings eher zu den Hack’n’Slay/Lood-Vertretern des Genres zählen, sind sie wohl der beliebteste Rollenspiele-Entwickler. Mit DRAGON AGE – ORIGINS wird nun ein neues Kapitel aufgeschlagen im Bereich der epischen Fantasy-Rollenspiele. Allerdings scheiden sich an diesem Titel die Geister.

Kaum ein Rollenspiel wurde in letzter Zeit sehnlicher erwartet als DRAGON AGE – ORIGINS, doch dann kam für viele die Ernüchterung: die Texturen im Spiel sind recht matschig, die gesamte Grafik wirkt leider veraltet, das gesamte Spiel über wird literweise rote Suppe verschüttet, dass man sich fast schon zu fürchten beginnt.

Ja, es ist absolut richtig, dass DRAGON AGE blutrünstig ist, aber: zum einen warnt die USK 18-Freigabe eigentlich schon deutlich vor, zum anderen wurde es eigentlich auch einmal Zeit, dass ein Rollenspiel nicht nur in Sachen Entscheidungsfreiheit und Kleiderwahl das größtmögliche Maß an Realismus bietet, sondern eben auch mal in den Kampfsequenzen. Wer schon einmal dabei stand, wenn sich jemand (versehentlich) in eine Arterie geschnitten hat, der wird wissen, dass der „überzogene Splatter“ aller Wahrscheinlichkeit nach dichter an der Realität liegen dürfte als diese Spiele, bei denen die Gegner optisch unversehrt zu Boden gehen und dort dann eventuell eine winzige rote Lache hinterlassen… Ob es das Spiel bereichert? Keine Ahnung, wahrscheinlich nicht, aber mich stört es eigentlich auch nicht sonderlich, sondern bietet endlich mal das, was das Horrorfilm-Herz schon so lange auch einmal in einem Videospiel erhofft hat.
Stichwort laue Grafik: ja, da haben die Kritiker sicherlich Recht. Auf den NextGen-Konsolen sollte eigentlich etwas mehr machbar sein, nichtsdestotrotz haben wir aber auch in diesem Bereich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass sich die mittelmäßigen Texturen negativ aufs Spielgeschehen oder den Spielspaß auswirken.

Ihr merkt es sicherlich schon: hier ist DRAGON AGE – ORIGINS eher auf Wohlgefallen getroffen. Die Atmosphäre, die dieses Spiel aufbaut, ist unglaublich, die Story, nunja, man hat sicherlich schon das eine oder andere Mal eine ähnliche Geschichte gehört, aber nichtsdestotrotz ist alles glaubwürdig erzählt, die einzelnen Figuren und Charaktere haben einen eigenen Stil und wirken in ihrer Art gut gezeichnet.

Fast noch wichtiger erscheint mir aber das durchweg gelungene Steuerungskonzept des Spiels, das nicht nur Echtzeitkämpfe ermöglicht, sondern auch taktisches Vorgehen zulässt. Die Menüs sind übersichtlich strukturiert, und ihr habt in der Regel volle Kontrolle über Figur und Spielgeschehen. Über taktische Eingabe könnt ihr Bedingungsfunktionen für eure KI-Mitstreiter erstellen (z.B. „Wenn die Lebensenergie unter 50% fällt, verwende einen Wundverband“), wahlweise könnt ihr aber auch zwischen euren Figuren hin- und herspringen.

Die Anfangssequenz des Spiels unterscheidet sich je nach Rasse und Herkunft eurer Figur, ihr könnt also durchaus gerade am Anfang ein paar Neustarts des Spiels wagen, um herauszufinden, welche Figur euch am ehesten zusagt, ohne das Gefühl zu haben, dass sich alles mehrfach wiederholt. Eine durchaus intelligente Lösung, die sich Bioware hier hat einfallen lassen… Vergleiche zu anderen Rollenspielen zeigen, dass man spätestens beim dritten Durchlauf einer Szene eigentlich keine Lust hat, noch den vierten Charakter zu Testzwecken loszuschicken.

Übrigens ist die Zusammensetzung euerer Gruppe durchaus wichtig, denn nicht nur die Mischung macht eine einsatzkräftige Streitmacht aus, auch zwischenmenschlich gibt es durchaus Spannungen, wenn beispielsweise eine Magierin und eine abtrünnige Hexe aufeinander treffen. Mit euren Entscheidungen macht ihr euch entsprechend beim Rest eurer Party beliebt oder unbeliebt. Um die Figuren an euch zu binden, besteht natürlich auch jederzeit die Möglichkeit, ein paar Bestechungsgeschenke zu verteilen.

Kurz zur Story: ihr werdet zu den Grauen Wächtern berufen, einer Vereinigung, die die Welt gegen Dämonen verteidigt. Es steht ein erneuter Angriff bevor, und gemeinsam mit der königlichen Armee wollt ihr euch einer Streitmacht entgegenstellen, doch ihr werdet verraten. Von nun an denkt die ganze Welt, die Grauen Wächter wären schuld am Tod ihres Königs, und ihr müsst euch gegen die Schergen der Dämonen, die Intriganten und auch königstreue Vasallen, die in euch das Böse sehen, verteidigen, und gleichzeitig Verbündete für den Kampf gegen die Dämonenhorden zusammentreiben. Keine einfache Aufgabe, wie sich schnell zeigen wird…

Wer auf klassische westliche Fantasy-Rollenspiele steht, wird bei DRAGON AGE: ORIGINS mit ein paar Abstrichen in Sachen Grafikpracht absolut gut bedient. Alleine schon die deutsche Synchronisation ist eine Wohltat, es gibt nur sehr wenig Texte, die gelesen werden müssen. Die Geschichte ist extrem dicht gewoben und gut erzählt, somit fühlt man sich schnell in die fremde Welt ein, die Interaktionen mit anderen Charakteren und die moralischen Entscheidungen, die ihr treffen müsst und dadurch Auswirkungen auf eure Party haben, sind einfach fantastisch. Viel Spaß bei der Drachenjagd.