Medal Of Honor (Xbox 360)

Auch die MEDAL OF HONOR – Reihe hat erkannt, dass das Szenario 2. Weltkrieg inzwischen ausgelutscht ist. Stattdessen widmet man sich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus und begibt sich ins neuzeitliche Afghanistan, wo sich die Tier 1-Operators in knifflige Missionen werfen, bei denen eine Niederlage ungeahnte Folgen mit weltweiter Wirkung haben dürften.

Elitäre Einzelkämpfer, die im Bestfall mit einer Handvoll Kollegen in den Einsatz ziehen. Ein Feind, der im Untergrund agiert, der sich unter der Zivilbevölkerung verstecken kann und somit überraschend aus jeder Richtung zuschlagen könnte. MEDAL OF HONOR hat nicht nur einmal bei den Shooter-Kollegen Call Of Duty und Battlefield – Bad Company geschielt. Natürlich kann man einem Shooter jederzeit vorwerfen, bei anderen Spielen gelinst zu haben, sobald das Szenario ähnlich ist, aber hier sind die Parallelen teilweise mehr als klar. Grundsätzlich ist dies auch nicht weiter verwerflich, denn warum sollte man nicht versuchen, hier noch eins draufzusetzen, die Spannung nochmals zu steigern, oder einfach nur eine ähnliche Geschichte mit einem ähnlichen Verlauf, aber aus der Sicht anderer Leute zu erzählen?

Doch an diesem Punkt scheitert MEDAL OF HONOR leider, denn die Story geht in der durchaus gelungenen Ballerei mehr oder weniger komplett unter. Schon nach wenigen Sekunden, in denen euch die Kugeln um die Ohren sausen, wisst ihr nicht mehr genau, warum ihr überhaupt unterwegs seid, und auch, wenn euch beim Anblick einer gefesselten und geknebelten Figur dumpf etwas im Hinterkopf klappert, so wisst ihr doch nur „achja, den sollte ich befreien, weil…?!? Ja, warum eigentlich? Weil man Kriegsgefangene nicht alleine lässt? Weil man sonst nicht wüsste, wo der Oberschurke hin unterwegs ist? Irgendwie ist das alles doch wieder nur eine Schnitzeljagd, die ihr hier veranstaltet, nur eben mit scharfen Waffen. Auch wenn die Einzelmissionen tatsächlichen Einsätzen nachempfunden wurden, bleibt das Warum insgesamt eher ungeklärt. Es wird zwar in den Zwischensequenzen hinreichend erklärt, aber im Spiel selbst haben wir es eher mit einem Checkpoint-Abklappern zu tun…

Was die Präsentation ansonsten betrifft, so steht MEDAL OF HONOR dem großen Genre-Konkurrenten in nichts nach. Grafisch sieht der Titel wirklich enorm schick aus. Gerade Partikeleffekte bei Explosionen sowie Mündungsfeuer wirken realistisch, die Bewegungen im Spiel sind flüssig, und auch die Videosequenzen zwischen den Missionen sehen gut aus. Der Sound bietet euch gewohnte Standardkost: satte Explosionsgeräusche, die Waffen haben einen griffigen Klang, und die Hintergrundmusik trägt maßgeblich zu der atmosphärischen Dichte bei, die das Spiel aufzubauen weiß. Auch ohne der Story wirklich zu folgen, hat man einen guten Eindruck davon, wie beklemmend sich auch Elitesoldaten in Gefechtssituationen fühlen dürften…

Im Multiplayer hat man versucht, das Beste aus Call Of Duty und Battlefield zu vereinen. Leider funktioniert das Ballancing zwischen den einzelnen Charakterklassen nicht wirklich, wodurch Teamwork mehr oder weniger entbehrlich wird und man sich auch relativ gut alleine durch die Karten kämpfen kann. Zudem sind manche Waffen einfach auch auf große Entfernung zu genau und die Streurate bei Sturmgewehren zu gering, als dass sich die Wahl zum Sniper sonderlich lohnen würde. Dafür spricht dann allerdings wieder, dass man bei MEDAL OF HONOR auf eine Killcam verzichtet hat. Durchaus realistisch, dass ein gestorbener Soldat nicht verraten kann, von wo er erschossen wurde, das kann allerdings auch zur einen oder anderen Frustsituation führen…

MEDAL OF HONOR ist durchaus gelungen, bietet allerdings im Storymodus weniger „Actionkino“, als es die Konkurrenz von Activision vermag. Woran das liegt? Nun ja, wo die Call of Duty-Reihe fiktive Geschichten erzählt, hat man sich bei MEDAL OF HONOR auf realistische Einsätze beschränkt. Auch hier geht der Adrenalinspiegel mal hoch, und es wird auch mal brenzlig, allerdings nicht so imposant, wie es bei der Konkurrenz passiert. Dennoch macht die Story ungemein Spaß und bietet eine willkommene Abwechslung. Um jedoch Modern Warfare 2 oder Black Ops zu schlagen, hätte man noch eine kleine Schaufel zusätzlich auflegen müssen. Eine positive Entwicklung der Serie ist dennoch deutlich erkennbar, und wir sind gespannt, wie Dice den hoffentlich nächsten Ableger von MEDAL OF HONOR gestalten wird. Vielleicht wagt man ja den Schritt zu etwas mehr Individualität?!? Wünschenswert wäre es jedenfalls!