Raven Squad (Xbox 360)

Die Idee ist grandios: ein Spiel, halb First Person Shooter, halb Echtzeitstrategie, das beste aus beiden Elementen vereinen, um noch mehr Action und Abwechslung ins Spielgeschehen zu bringen. Hierauf basiert RAVEN SQUAD, und schon die ersten Teaser ließen darauf hoffen, dass hier ein ganz heißer Überraschungskandidat auf der Matte steht. Wie sich das Spiel nun nach Release im Test erweist, verraten wir euch im folgenden Text.

Zunächst einmal zum Storygerüst, das einmal mehr recht wackelig ist und nicht unbedingt lange hinterfragt werden sollte: ihr seid Mitglied einer Spezialeinheit (Armee, Privatarmee, Hobby-Militärs… Wer weiß das schon…), die den Auftrag hat, aus einem abgestürzten Flugzeug geheime Dokumente zu sichern und nach Überlebenden zu suchen. Das blöde an abstürzenden Flugzeugen mit Geheimdokumenten an Bord ist, dass sie auch immer automatisch Terroristen und anderes Gesocks anlocken wie gammeliges Obst die Fruchtfliegen. Und so ist die Überraschung nicht allzu gross, als euer Flugzeug noch im Anflug auf die Absprungstelle abgeschossen wird und ihr mitten im Dschungel des Amazonas dasteht, um aus einem kurzen Einsatz einen Kleinkrieg zu entwickeln…

Gleich zu Beginn des Spiels also die Ernüchterung bezüglich der Story, aber Hand aufs Herz: so wichtig ist einem der Grund, warum man durch irgendwelche Sümpfe wandert und virtuelle Terroristen jagt, doch eigentlich nie, oder?
Viel schlimmer ist, dass die Grafik, die uns in den Eingangsvideosequenzen entgegenstrahlt, eher auf bescheidenem Level agiert. Kantige Objekte, Zeilenverschiebungen, spät aufpoppende Objekte, hier wird das volle Programm geboten, was man eigentlich nicht sehen will, erst recht nicht, wenn es sich um ein Spiel für eine NextGen-Konsole handelt, und noch viel weniger in einem gerenderten Video.

Die Spielgrafik wenige Momente später lässt zwar keinen Spielraum für Begeisterungsstürme oder Jubel, stimmt aber zumindest ein wenig gnädiger und lässt uns (zumindest bis zur nächsten Videosequenz) vergessen, dass wir gerade doch arg enttäuscht wurden.

Verstärkt wird dieser mittelmäßige Ersteindruck durch Synchronsprecher jenseits von gut und böse. Handelt es sich um tatsächlichen Migrationshintergrund, oder sollen die Stimmen absichtlich so klingen? Wir wissen es nicht, wollen es vielleicht auch gar nicht so wirklich wissen. Gäbe es die Option, würde ich die Sprachausgabe abstellen und auf Untertitel schalten. Die restlichen Soundeffekte sind okay, die Hintergrundeffekte, die das Dschungelsetting unterstreichen, sogar teilweise recht gut inszeniert.

Das, was RAVEN SQUAD also wirklich ausmacht, ist der Kern des Spiels an sich, die Idee der Steuerung und Verschmelzung von zwei unterschiedlichen Spielsystemen. Und das ist es auch letztendlich, was uns dann doch länger an die Konsole fesselt, als wir nach dem anfänglichen Videosequenzen gedacht hätten. Um sich einen taktischen Überblick zu verschaffen, um weite Strecken schnell zu überwinden und die Teams zu positionieren, wechseln wir in die taktische Ansicht und Steuern unsere Meute zielgenau durch die Karte. Wenn es dann ans Eingemachte geht, wird per Knopfdruck in die Egoshooter-Perspektive gewechselt, und die Gegner, die wir eben noch aus der Vogelperspektive schick umzingelt haben, werden innerhalb von wenigen Augenblicken dezimiert… Natürlich könnt ihr, wenn es brenzlig wird, auch direkt aus der taktischen Ansicht heraus die Gegner angreifen, dann allerdings bleibt die Treffsicherheit KI-Sache. Dass wir aus der Taktikperspektive die gesamte Karte inklusive aller Gegner, Munitionskisten, Medipacks etc. überblicken können, schmälert die Spannung allerdings ein wenig. Es wird euch im gesamten Spiel, wenn ihr geschickt die Ansichten wechselt, nicht ein einziges mal passieren, dass ihr überrascht werdet. Hier wäre es vielleicht spannender gewesen, wenn nicht das gesamte Areal, sondern immer nur ein bestimmter Kartenausschnitt überschaubar gewesen wäre, etwa so wie bei Ghost Recon Advanced Warfighter 2 durch fernlenkbare Dronen gelöst.

RAVEN SQUAD macht vieles, was das Gameplay betrifft, richtig. Manche Dinge hätte man sicherlich noch etwas besser lösen können, alles in allem stimmt aber das Verhältnis zwischen Action, Taktik und dem richtigen Einsatz der unterschiedlichen Squadmitglieder und ihrer verschiedenen Waffen. Wäre die Umsetzung jetzt optisch und akustisch ein Genuss, dann hätten wir es hier mit einem Spiel zu tun, das sicherlich innerhalb kürzester Zeit Kultstatus erlangen könnte, so aber sicherlich erst einmal als Geheimtipp mit Abstrichen zu handeln ist.