Secret Service (Xbox 360)

Sie gehören zu der Elite der Leute, die bei Geheimdiensten arbeiten. Ihre Aufgabe ist vielschichtig und bedarf einer äusserst hohen Auffassungsgabe, schnellem Kombinationsvermögen und Aufopferungsbereitschaft. Die Rede ist von den Leuten, die sich im Zweifelsfall in die Schusslinie zwischen Attentätern und dem Präsidenten der USA werfen. Die Rede ist vom SECRET SERVICE.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es wohl kaum einen Job, der ehrenhafter ist oder ruhmreicher, als der, bei dem man für das Leben und die Sicherheit des Präsidenten die Verantwortung trägt. Da ist es nur eine logische Schlussfolgerung, dass es hierzu früher oder später ein Videospiel geben würde. Nun ist es soweit. Als absoluter Fan von „8 Blickwinkel“ habe ich eine spannend inszenierte Story und nette Unterhaltung erwartet. Was uns Activision hier aber unterbreitet, hat eher wenig mit den Schützerqualitäten des SECRET SERVICE zu tun, wie ich sie erwartet hätte. Stattdessen gibt es Shooter-Kost. „Okay, auch das soll für mich in Ordnung sein“, denke ich noch so und schmeiße die Konsole an.

Die Story des Spiels wird eher im Episodenstil erzählt. Zunächst gibt es einen kurzen Videoclip, bei dem im Zeitraffer wichtige Eckpunkte der Entwicklung zum jetzigen, fiktiven heutigen Tag als Nachrichtenausschnitte gezeigt werden. Ölkrise, Politikverdrossenheit, irgendwelche Terroristen, die sich selbst zu Führern ernennen, kommt einem alles mehr oder weniger bekannt vor. Und natürlich wollen diese Terroristen ein Zeichen setzen, indem sie den Präsidenten eliminieren. Ihr erhaltet als Spieler einen anonymen Hinweis darauf, dass bei dem heutigen Auftritt des Präsidenten ein Attentat verübt werden soll. Los geht’s.

Wenn ihr jetzt ein realistisches Szenario vorm geistigen Auge habt, liegt ihr völlig falsch. Wo unter normalen Umständen der Präsident wohl sofort in Sicherheit gebracht werden würde, geht man hier gemächlich eine Treppe hinauf und wartet mit dem Personenschutz so lange, bis der Präsident angeschossen wird. Das Trüppchen vom SECRET SERVICE tut dann das einzig sinnvolle: es zieht sich zurück und überlässt es uns, die gefühlten einhundert Terroristen, die nach und nach aus ihren Verstecken gekrochen kommen, auszuschalten. Durch pure Überzahl hätten sie die Möglichkeit, uns zu überrennen, aber nein, sie warten immer brav ab, bis einer der Kollegen zu Boden geht (und nur Sekunden später unsichtbar wird… Lediglich eine Waffe zeugt davon, dass hier mal ein Attentäter erschossen wurde.), bevor sie sich aus ihrer Deckung stürzen und direkt an der Stelle stehen bleiben, wo wir gerade jemanden erschossen haben. Warum? Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um ein Treffen der Taub-Blinden handelt, denn auch, wenn ihnen die Kugeln um die Ohren pfeifen, versuchen sie nicht, Deckung zu finden, und wenn man nicht frontal vor ihnen steht, ignorieren sie einen auch völlig und sehen nicht ein, warum aus dieser Richtung Gefahr drohen sollte, schließlich steht man sich nicht Angesicht zu Angesicht gegenüber, und von der Seite anschießen ist ja unsportlich.

Vielleicht erkennt ihr schon einen Trend, dass die KI dieses Spiels ein wenig zu wünschen übrig lässt. Zudem passen sich Grafik und Sound dieser Leistung an. Sehr grobe Texturen, kaum Kantenglättung, mechanisch wirkende Bewegungsabläufe, immer wieder gleich aussehende Terroristen… Das sind die Eindrücke, die man gewinnt. Auch in Bezug auf Kampfschreie sind den Angreifern ziemlich wenige Ideen in den Mund gelegt worden.

Was das insgesamt eher durchwachsene Spielgeschehen etwas auflockert (allerdings auch nicht wirklich bereichert), sind die Minispiel-Einlagen, bei denen wir Computer hacken oder Bomben entschärfen, indem wir Kästchen mit Stromsteckverbindungen drehen, damit ein geschlossener Kreislauf entsteht. So etwas hat man als Viel-Spieler natürlich auch noch nie im Leben zu Gesicht bekommen, zudem sind die Rätsel relativ einfach gehalten.

SECRET SERVICE ist nicht nur von der Performance in Bild und Ton ein Beitrag, der hinter den Möglichkeiten zurück bleibt, insbesondere die geradezu grotesk schlechte KI der Gegner und die völlig abstruse Spielgeschichte sorgen dafür, dass das Spiel auf eine Weise unterhält, die es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht beabsichtig hatte. Es fällt wirklich schwer, das ganze ernst zu nehmen. Diese Software wird vom U.S. Secret Service übrigens weder empfohlen, noch unterstützt oder autorisiert. Jetzt wissen wir auch, warum.