Kriegerin

Immer mal wieder gibt es Filme, die einen richtig packen und beängstigen. Beim vorliegenden KRIEGERIN handelt es sich genau um so einen Film. Der Film handelt von Marisa, einem jungen Neonazi. Marisa trinkt zu viel, ist latent gewaltbereit, ihr Freund sitzt im Gefängnis, und ihre Freunde sind damit beschäftigt, ihrem sinnlosen Leben durch Party, Alkohol und Fremdenhass irgendwie Inhalt zu verleihen. Doch eine Kurzschlussreaktion führt bei Marisa zum Umdenken, und sie beginnt, ihre Taten und Gedanken zu hinterfragen. Gleichzeitig versucht Svenja, eine Tochter aus reichem Haus, aus ihrem behüteten Leben zu entfliehen und sucht in einer Art Protesthaltung Anschluss zu den Neonazis…
Regisseur David Wnendt zeichnet ein sehr düsteres Bild von einer orientierungslosen Jugend, die keine vernünftigen Perspektiven sieht und von daher sehr leicht zu überzeugen ist, dass die Flucht in den Rechtsradikalismus ein logischer Schritt ist. Beeindruckend dargestellt von Alina Levshin, kann man als Zuschauer sogar bis zu einem gewissen Grad den Frust verstehen, den ihre Figur in sich trägt, nicht aber die daraus gezogenen Konsequenzen. Marisa erscheint auf den ersten Blick gar nicht so „böse“, wie sie sich selbst gerne in Szene bringt. Ihre Eltern leben scheinbar getrennt, einen wirklich guten Draht zu ihrer Mutter hat sie nicht, dafür liebt sie ihren Opa aber abgöttisch, der im Krankenhaus liegt und wohl auch nicht mehr von dort zurück in das Elternhaus kommen wird. Viele der Spannungen, die zwischen Mutter und Tochter bestehen, resultieren aus den unterschiedlichen Gefühlen zu dem alten Mann. Wie sich später herausstellt, ist Marisas Opa damals in der SS gewesen und hat ihr von Kindesbeinen an beigebracht, dass die Nazis damals gar nicht so schlimm gewesen sein.
Als es am Strand dann zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei jungen Asylanten und der Neonazi-Clique kommt, ist Marisa gerade extrem aggressiv. Auf ihrem Weg nach Hause sieht sie die beiden Asylanten auf ihrem Moped, und kurzerhand rammt sie die beiden, wodurch die einen schweren Unfall bauen… Es dauert nicht lange, bis Alina Gewissensbisse plagen, und als dann auch noch einer der beiden im Supermarkt auftaucht, wo sie arbeitet, beginnt sie, diesem entgegenzukommen und zu helfen…
Erschreckend, wie dynamisch die Entwicklungen in diesen Kreisen zu sein scheinen. Aussteiger werden malträtiert, Neueinsteigern gegenüber ist man grundsätzlich erst einmal misstrauisch und testet sie. Wer hier bleiben will, muss einiges einstecken können, kann aber auch sicher sein, im Zweifelsfall Rückendeckung zu haben. KRIEGERIN zeigt deutlich, dass dies für Leute ohne klare Orientierung durchaus seinen Reiz haben kann, und wenn dann auch noch private Probleme dazu kommen, denen man sich nicht unbedingt selbst stellen will, ist es einfach, sich einen Sündenbock zu suchen.
KRIEGERIN ist vielleicht nicht ganz so hochkarätig besetzt, wird aber nichtsdestotrotz direkt seinen Platz neben American History X einnehmen, denn der Film weiß genauso, den Weg in die Neonaziszene hinein wie auch den Weg hinaus aufzuzeigen wie ebenjener. KRIEGERIN erschüttert und lässt den Zuschauer leider mit vielen Fragen allein, aber das liegt nun einmal am Thema an sich: hier gibt es keine Antworten, keine Erklärungen, sondern nur die Möglichkeit, mit Aufklärungsarbeit das Beste daraus zu machen, und dafür eignet sich der Film hervorragend.