Kane & Lynch 2: Dog Days (Xbox 360)

Die zwei wohl hässlichsten, im normalen Leben unsympathischsten, kränksten, brutalsten, psychopathischsten Antihelden der Videospielgeschichte sind zurück Die Rede ist natürlich von KANE & LYNCH, die in ihrem zweiten Spiel DOG DAYS wieder einmal unter Beweis stellen müssen, dass Freundschaft auch in Verbrecherkreisen durchaus einen Wert hat und man sich als Außenstehender in der Position am Controller durchaus auch mal gerne auf die ungesetzliche Seite schlagen kann, wenn es die Situation erfordert. KANE & LYNCH 2: DOG DAYS baut erneut auf eine irre Story um die beiden schrägen Protagonisten, versucht allerdings nicht, nur ein billiger Klon des erfolgreichen Vorgängers zu sein, sondern durchaus auch neue, individuelle Ideen einzubringen.

Hierzu zählt wohl in allererster Linie der von den Entwicklern als „Youtube-Stil“ eingesetzte Grafikstil. Wackelige Kamerafahrten (ähnlich wie bei Blair Witch Projekt), grelle Farben, Bildrauschen, Ruckler, und wenn ihr angeschossen werdet, färbt sich der Bildschirm nicht zunehmend rot, sonder verpixelt immer mehr. Durchaus eine extrem coole Idee, die einiges her macht, allerdings mit der Zeit anfängt, euch aus der Ruhe zu bringen und an den Nerven zu sägen. Ausserdem müsst ihr in Gesprächen eurem Gegenüber an den Lippen hängen: Dialoge, seien sie auch noch so wichtig, werden nicht über die Boxen wiedergegeben, wenn ihr nicht direkt zuhört. Dies soll den Realismusgrad erhöhen, soweit schön, doch stellt sich die Frage: in wie weit ist es realistisch, dass der Gesprächspartner munter weiter redet, auch wenn man ganz woanders hinläuft, oder ein Aufgabe stellt (die wir akustisch nicht mitbekommen), und dann diese nicht wiederholt, sondern stumpf darauf wartet, dass wir durch Zufall das richtige tun?!? Schon bei anderen Spielen ist mir das negativ aufgestoßen, hier wird der Drang zum Realismus an die Spitze getrieben. Ihr seht, es ist nicht immer alles Gold, was glänzt.

Das Spiel selbst gestaltet sich nüchtern betrachtet als eher durchwachsenen 3rd-Person-Shooter, bei dem ihr die Rolle von Lynch einnehmt (oder im erneut verfügbaren Koop-Modus auch Kane), um eure Aufgabe zu erfüllen. Hierbei könnt ihr euch Genre-üblich hinter Deckung kauern und von dort die Gegnerhorden eliminieren, oder aber ihr nutzt die Umgebung geschickt, indem ihr auf herumstehende Feuerlöscher oder ähnliche, explosive Gegenstände feuert und somit für Überraschungseffekte sorgt.
KANE & LYNCH 2: DOG DAYS fehlt es ein wenig an Abwechslung. Im Endeffekt bewegt ihr euch permanent von A nach B, werdet unterwegs von Polizisten oder der Unterwelt Shanghais angegriffen, und schießt euch den Weg frei. Eine Gegnerwelle nach der anderen gilt es, ins Jenseits zu schicken. Werdet ihr quasi-tödlich getroffen, könnt ihr euch noch einmalig in Deckung robben oder aus eurer misslichen Lage heraus feuern in der Hoffnung, dass euch geholfen wird. Viel mehr geschieht leider nicht.

Dem steht ein weiteres mal eine hervorragende Story mit zwei wirklich liebenswert schlechten Menschen im Mittelpunkt entgegen, die es allemal wert ist, erlebt zu werden.
Wir empfehlen dringlich, vorab den ersten Teil von KANE & LYNCH gespielt zu haben, um das Verhältnis der beiden Charaktere besser verstehen zu können und die groteske Situation, in der sie sich zu Anfang befinden.

Neben dem Storymodus (wie bereits erwähnt solo oder kooperativ im Splitscreen, System Link oder Online spielbar) gibt es auch ein paar Multiplayer-Modi wie den Arcade Modus, Cops & Robbers, Undercover Cops oder das beliebte Fragile Alliance, bei dem zunächst alle zusammenarbeiten sollten, um die KI in Schach zu halten, bei der es dann zu einem späteren Zeitpunkt heißt „jeder gegen jeden“.

Wir zollen IO Interactive Respekt, dass sie so mutig waren, die gängigen, ausgetretenen Pfade des Shooter-Genres zu verlassen und einen grafisch völlig neuen Stil zu entwickeln. Leider geht diese Rechnung nur bedingt auf, und gerade das relativ einseitige Gameplay lassen auf Dauer zu wünschen übrig. In diesem Fall hat wirklich nur die gelungene Story davor bewahrt, dass KANE & LYNCH 2: DOG DAYS floppen würde. Fans des ersten Teils werden erneut von der Geschichte begeistert sein, Quereinsteiger greifen lieber zunächst zu eben jenem!