The Raven

Ich bin bekennender Edgar Allan Poe-Fan. Zudem mag ich John Cusack sehr gerne, auch wenn der (diese Kritik ist durchaus berechtigt) oftmals ein und denselben Gesichtsausdruck hat. Der Film THE RAVEN hat nicht nur John Cusack in der Hauptrolle, dieser spielt obendrein Edgar Allan Poe, und es kommen sehr viele seiner Gedicht-Motive im Film vor. Das kann doch eigentlich nur gut sein, oder?

Poe ist ein schwieriger Mensch. Er ist am Ende seiner finanziellen Mittel, er ist absolut selbstverliebt, egozentrisch, melancholisch und hat ein starkes Alkoholproblem. All das trägt nicht gerade zu einem guten Ruf bei. Nur gelegentlich kann er noch von seinem früheren Ruhm zehren, zum Beispiel, wenn er Schriftstellerkurse gibt oder für eine lokale Zeitung als Experte Kritiken schreibt (die dann aber auch nicht gedruckt werden, weil ein anderer Schriftsteller angesehener ist und entsprechend eine höhere Auflage verspricht). Nach einem Mord in Baltimore wird Edgar Allan Poe (John Cusack) als dringend tatverdächtig von der Polizei aufgegriffen. Der Schriftsteller weiß zunächst nicht, wie die Ermittler ausgerechnet auf ihn kommen, als er aber den Tathergang als Bericht vorgelesen bekommt, wird ihm schlagartig alles klar. Der Mörder hat exakt nach einer von Poes Geschichten gehandelt und diesen Mord „nachgespielt“. Kurze Zeit später wird eine weitere Leiche gefunden, ebenfalls nach Poes Buch-Methode ermordet. Es handelt sich hierbei um einen Schriftsteller, mit dem Poe auf dem Kriegsfuß stand. Detective Emmett Field (Luke Evans) verpflichtet Poe zur Mitarbeit, um den Mörder zu fassen, und wenig später wird Poes heimliche Verlobte direkt vor seinen Augen auf einem Maskenball durch ein perfides Ablenkungsmanöver entführt.
Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn der Serienmörder deutet an, dass er Emily (Alice Eve) auch schon bald töten wird. Um ihn aufzuhalten, muss Poe wieder schreiben…

Regisseur James McTeigue veranstaltet hier ein aufwändiges Kulissen- und Kostümspektakel im Baltimore des 19. Jahrhunderts. Der Stil des Films erinnert klar an Genre-Referenzen wie Sleepy Hollow oder From Hell, wobei Johnny Depp sicherlich noch ein wenig mehr skurrilen Humor bei seinen Figurdarstellungen zur Schau gestellt hat, als dies John Cusack tut. Der Film geizt nicht an Spannung und Action, hat aber dennoch zwischendurch immer mal wieder ein paar ruhige Minuten, in denen gefühlt etwas mehr passieren könnte. Die Darstellung der Morde ist relativ direkt und blutig, die Freigabe ab 16 Jahren verwundert hierbei teilweise, wenn ein auf einen Tisch gefesselter Mann von einem Pendelbeil mittig zerteilt wird und die Kamera munter draufhält. Die Besetzungsliste weist neben John Cusack keine weiteren großen Stars auf, was man dem Film leider ebenfalls ein wenig anmerkt, denn die restlichen Figuren wirken alle ein wenig zu einfach dargestellt und erreichen bei weitem nicht die Tiefe des Charakters von Edgar Allan Poe. Nichtsdestotrotz hat mich THE RAVEN sehr gut unterhalten.

Wer auf historisch angehauchte Thriller im Stil von Sleepy Hollow, From Hell oder meinetwegen auch die gut umgesetzten Neuverfilmungen von Sherlock Holmes steht, der wird mit THE RAVEN sehr viel Spaß haben. Die Auflösung des Films ist leider schon ein wenig zu früh absehbar, und insgesamt bleibt der Streifen spannungsmäßig in etwa auf einem Level ohne besondere Höhepunkte oder Tiefpunkte, aber das trübt nicht die gute Unterhaltung, die man hier genießen kann.