Mordakte Hannover: Puppenjungs

Natürlich können wir dieses Hörspiel nicht gänzlich frei von Lokalpatriotismus rezensieren, dieses geben wir gerne zu. Aber wenn schon mal ein ernst zu nehmendes Hörspiel nicht nur in Hannover produziert wird, sondern auch noch in und um Hannover herum spielt, warum auch nicht? Thematisiert wird in MORDAKTE HANNOVER – PUPPENJUNGS eine Mordserie, die verdächtig viele Parallelen zu den Morden von Fritz Haarmann tragen. Ist hier ein Nachahmer auf seinem blutigen Pfad unterwegs?
Zwei Obdachlose finden am Leineufer einen Sack. Gespannt darauf, ob etwas für sie brauchbares darin versteckt sein könnte, öffnen sie ihn. Zutage fördern sie allerdings nur menschliche Gebeine. Die gerufene Polizei stellt diese sicher, und schon bald gibt es den begründeten Verdacht, dass hier ein Serienmörder im Gange ist, der es auf junge Männer abgesehen hat. Moment mal, war da nicht etwas? Schnell finden die Ermittler Parallelen zu den Haarmann-Morden, entsprechend konzentrieren sie ihre Ermittlungen auf das Homosexuellen-Millieu. Die Zeit läuft gegen sie, denn wenn sie den Täter nicht bald dingfest machen, müssen sie mit weiteren Opfern rechnen…

Hörorkan gibt mit diesem Hörspiel sein Debüt ab. Unter den Sprechern finden sich unter anderem der ehemalige „Fury in the Slaughterhouse“-Gitarrist Christof Stein-Schneider (also ebenfalls Hannoveraner Urgestein), Dirk Heinrich, Oliver Rieche, Markus Gabriel und Rebekka Müller. Hier wurde ein Hörspiel erschaffen, das mit viel Liebe für das Genre an sich, aber auch für den Ort der Handlung geschrieben wurde, und das merkt man recht häufig.
Was man ebenfalls gelegentlich merkt, ist die Tatsache, dass eben nicht alle Rollen durch professionelle Synchronsprecher besetzt wurden. Auch die Art und Weise, wie die Produzenten Frank Kindermann und Carsten Sygusch versuchen, Humor in das Hörspiel einzubringen, ist nicht immer dezent pointiert (wer das Hörspiel gehört hat, weiß, was gemeint ist, Stichwort „feuchte Tagträume“).
Die klangliche Umsetzung ist solide, die eingesetzten Effekte klingen dabei jedoch gelegentlich zu sehr nach Konserve bzw. Soundlibrary.
Die Geschichte an sich ist durchaus spannend inszeniert und wartet am Schluss mit ein paar überraschenden Wendungen auf. Der Titel „Puppenjungs“ bezieht sich übrigens auf eine früher übliche Bezeichnung für männliche Prostituierte, unter denen Haarmann seine Opfer gesucht hat.
Auch, wenn das Hörspiel gelegentlich nicht bis ins letzte Detail professionell erscheint, ist MORDAKTE HANNOVER – PUPPENJUNGS ein gelungener Einstand, der aber klar Luft nach oben hat. Wir drücken Hörorkan die Daumen, dass das Konzept aufgeht und wir bald weitere Mordfälle aus der niedersächsischen Hauptstadt hören dürfen.