‚Friedhof der Namenlosen‘, das ist ein Flecken Erde in Wien, der auf dem Friedhof für diejenigen bereitgehalten wird, die heutzutage in Amerika als John bzw. Jane Doe bestattet werden würden: Menschen, deren Identität nicht geklärt werden konnte. In der fünften Folge von PROF. SIGMUND FREUD geht es um eine Leiche, die von der Donau angespült wird. Schwere Schläge auf den Schädel haben die Frau das Leben gekostet, und eine Tätowierung im Nacken gibt Aufschluss darauf, wo Gruber weitere Informationen suchen muss: im Rotlichtmilieu Wiens…
Als Gruber für seine Ermittlungen Hilfe bei Freud sucht, schickt der seine Tochter Anna mit los, denn er ist sich sicher, dass sie mehr herausfinden kann als er. Doch wenig überraschend ist, dass Anna und Karl als Paar ein gefundenes Fressen für Verbrecher sind. Nachdem Gruber Anna aus einer gefährlichen Situation gerade noch retten kann, hat Freud ein Einsehen und macht sich bei ihrem nächsten Ausflug anstatt seiner Tochter auf den Weg.
Während Gruber auf der Straße aufpasst, dass keine Gefahr droht, begibt sich Freud mit einer Dirne auf ihr Zimmer, wo sie ihm sofort ihre Dienste anbieten will. Doch Freud ist nur nach Reden. Nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzleteile, die Freud und Gruber haben, zu einem gemeinsamen Ganzen zusammen, doch wird es den beiden rechtzeitig gelingen, den Schuldigen zu ergreifen, bevor er das Weite sucht?
‚Friedhof der Namenlosen‘ überrascht, soviel sei an dieser Stelle gesagt, mit einem unerwarteten Ende. Der Kern des Hörspiels ist allerdings definitiv der Weg dorthin, und dazu kann nur gesagt werden, dass der Hauch des Verbotenen, die Gefahren des Verbrecherviertels und die Hoffnungslosigkeit der Prostituierten selten greifbarer in einem Hörspiel umgesetzt wurden wie hier. Die Atmosphäre ist fast so dicht, als könnte man die Gassen sehen, in denen sich Gruber und Freud bewegen, als rieche man die stickige Luft, den Gestank von mangelnder Hygiene und zu viel Alkohol…
Dass auch die fünfte Folge der Serie absolut stimmig ist, muss nicht extra erwähnt werden. Dass Sprecher, Effekte und Begleitmusik wieder außerordentlich gut sind, ebenfalls. Was im Vergleich zu den vorherigen Folgen hier heraus sticht, sind die vielen Anzüglichkeiten, kleinen Ferkeleien und Andeutungen, die gemacht werden, und bei denen die insgesamt eher prüden Anna Freud und Karl Gruber deutlich irritiert reagieren, wohingegen Sigmund Freud als Kenner der menschlichen Psyche keineswegs überrascht ist, was die Menschen in diesem Milieu antreibt.