Need For Speed – Most Wanted (Xbox 360)

Ist es ein großer Fehler gewesen, erst Forza Horizon zu spielen, um sich dann NEED FOR SPEED – MOST WANTED zu widmen? Eigentlich bin ich ja kein Freund von vergleichender Werbung, aber in diesem Fall hat es sich einfach angeboten: zwei der ganz großen Rennspaß-Lizenzen bringen innerhalb kurzer Zeit jeweils ihren aktuellen Ableger heraus, und dann scheinen sie sich in der Mitte treffen zu wollen: Forza, ursprünglich ein Simulations-Vorzeigespiel, hat deutliche Arcade-Tendenzen, und NEED FOR SPEED – MOST WANTED schielt in Sachen Fahrverhalten in Richtung Simulation. Wie gut sich EA mit ihrem Spiel schlägt, erfahrt ihr bei uns!
NEED FOR SPEED – MOST WANTED baut ganz stark auf einer offenen Welt auf. Selbst die Rennevents werden geschickt in der Umgebung versteckt, sodass es keine direkten Anlaufstellen gibt, die ihr für ein Rennen aufsuchen müsst, sondern nur noch Texthinweise, die in der Luft schweben.
Ihr wollt einen Fuhrpark sammeln? Sorry, da seid ihr bei diesem Spiel leider falsch beraten, und auch, wenn ihr ein Freund davon seid, euer Auto aufzumotzen und eine Verbesserung des Fahrzeugs nach und nach festzustellen und in immer neuen Rennen zu gewinnen. NEED FOR SPEED MOST WANTED zwingt euch quasi dazu, regelmäßig den Boliden zu wechseln. Für jedes Fahrzeug stehen euch lediglich fünf Rennen zur Verfügung. Habt ihr die alle gefahren, gibt es mit dem Auto nichts neues mehr zu entdecken und ihr solltet in Autoknacker-Manier einfach in den nächstbesten einsteigen, der euch unter die Finger kommt. „Bezugsfähige“ Fahrzeuge werden durch ein Markensymbol darüber gekennzeichnet.
Werdet ihr in den Rennevents Erster, bekommt ihr Upgrade-Teile für das jeweilige Auto zur Verfügung gestellt, das letzte Tuning-Teil könnt ihr also erst dann benutzen, wenn ihr bereits alle Rennen gewonnen habt. Macht das Sinn? Ist es überhaupt sinnvoll, den Spieler zu zwingen, sich regelmäßig in neue Autos zu setzen, wenn dieser vielleicht ein ganz bestimmte Fahrzeug-Vorliebe hat? In anderen Spielen (wie zum Beispiel bei Forza Horizon oder Gran Turismo) wird dies über bestimmte Fahrzeugklassen geregelt. Nicht so hier!
Eine Story gibt es nicht, lediglich die Jagd nach der Spitze der Fahndungsliste. Um dorthin zu gelangen, müsst ihr Rennen gewinnen, Freunde bezwingen, Schaden anrichten und den Cops entkommen… Das Gefühl, in einer offenen Welt zu fahren, ist eine Weile sehr nett, aber irgendwann beginnt man, sich ein wenig verloren und ziellos zu fühlen. Spätestens da wünscht man sich eine Event-Karte oder Spielelobbies her.
Grafisch ist NEED FOR SPEED – MOST WANTED sehr hübsch geworden. Die Autos sehen schick aus, die Schadensmodelle gefallen, die Stadt selbst ist ebenfalls eine hübsche Metropole geworden. Auch beim Sound gibt es kaum etwas auszusetzen: Motorengeräusche, Crashs, und natürlich der gute Soundtrack zum Spiel, der auf mehreren Radiostationen auswählbar ist.
Was aber bei NEED FOR SPEED – MOST WANTED überhaupt nicht hinhauen will, ist der Schwierigkeitsgrad bzw. die Fahrphysik in Kombination mit der Spielart. Selten habe ich innerhalb kurzer Zeit so häufig einen Totalschaden in einem Rennen erlitten wie hier. Das Spiel bietet eine realistische Crash-Mentalität: wenn es mit mehr als 20-30km/h knallt, dann ist halt schon ordentlich was kaputt. Da ihr in der Regel deutlich schneller unterwegs seid und nur ganz selten noch die Chance habt, dem Gegenverkehr oder einem plötzlich auftauchenden baulichen Hindernis auszuweichen, bedeutet das, dass ihr sehr häufig den Wiedereinstieg ins Rennen betrachten könnt. Und weil dem so ist, die anderen Fahrer aber kaum Fehler machen, ist das Spiel schon auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad eine echte Herausforderung, und zwar bereits ab dem ersten Rennen, das ihr fahrt. Im Vergleich dazu wirkt die Flucht vor der Polizei fast schon wie ein Kinderspiel. Wann genau die sich eurer annehmen, erscheint im Übrigen auch mehr oder weniger willkürlich. Klar, fahrt ihr zu schnell und werdet beobachtet, wird die Fahndung ausgeschrieben. Gleiches gilt bei Crashs. Aber es kann auch passieren, dass euch die Cops stellen, während ihr gerade euer Auto parkt.
Der Relaunch von NEED FOR SPEED – MOST WANTED ist leider dank der miesen Fahrphysik kräftig gegen die Wand gefahren. Es sieht zwar insgesamt sehr schick aus und hat auch von der fehlenden Menüsteuerung her sehr interessante Ansätze, aber dafür leidet es darunter, dass sich in den Rennen einfach viel zu schnell Frust aufbaut, der so in der Form überhaupt nicht notwendig gewesen wäre. Was genau der Entwickler Criterion sich hierbei gedacht hat, bleibt für uns unbegreiflich, Fakt ist jedenfalls, dass man hier ganz klar eine gute Chance verpasst hat.