CEL-Shading! Seid ihr jetzt verwirrt? Ich wollte eine Rezension schreiben, in der das Wort, das wohl in Kombination mit dem neuesten Teil von PRINCE OF PERSIA am häufigsten verwendet wurde, gleich als allererstes auftaucht. Und damit ihr nicht dumm sterbt (und ich behaupte jetzt einfach mal, dass es vielen so ging wie mir und sie nichts mit dieser Bezeichnung anfangen konnten): CEL steht für Contour Enhancing Lines. Es werden also Umrisse deutlich verstärkt und Schattierungen als ganze Flächen dargestellt. Vorbei ist es mit Weichzeichnen! Der neue Prinz hat ein kantiges Gesicht!
Damit wäre wohl auch schon die größte Neuerung des Spieles verraten und erklärt, die sich in optischer Hinsicht ganz klar bemerkbar macht. Hier haben sich die Macher etwas einfallen lassen, um das neue Abenteuer nicht wie ein Remake wirken zu lassen. Wenn man grafisch bereits ein hochwertiges Erzeugnis vorgelegt hat, dass man derzeit nicht unbedingt besser gestalten kann, dann muss es halt umgestaltet werden, um weiterhin interessant zu bleiben. Riskant, aber das Risiko hat sich gelohnt: PRINCE OF PERSIA sieht einfach nur schick aus! Die Comic-artige Darstellung ermöglicht es den Entwicklern, Film-und Spielsequenzen nahezu identisch aussehen zu lassen, wodurch eine unglaublich hohe erzählerische Dichte entsteht. Das dürfte wohl auch das allerwichtigste bei einem Adventure-Spiel sein.
Zu der grafischen Raffinesse des Spiels gesellt sich eine ziemlich gelungene Synchronisation der Hauptfiguren, deren Dialoge teilweise extrem witzig sind, sowie ein ebenfalls toller Hintergrundsound mit stimmiger Musik. Aber was wäre ein toll gemachtes Adventure ohne eine interessante Story?
Ihr habt im Sandsturm euren Esel verloren und seid auf der Suche nach ihm, als ihr mehr oder weniger durch Zufall auf die Pristerin Elika trefft, die von bewaffneten Männern verfolgt wird. Gentleman, wie man ist, hilft man der guten Frau natürlich und begleitet sie in einen Tempel, wo es zum Zweikampf mit ihrem Vater kommt. Das Gefecht endet damit, dass der Baum des Lebens, der sich auf dem Kampfplatz befindet, zerstört wird und somit Ahriman, der Gott der Dunkelheit, aus seinem Gefängnis befreit wird und die Welt in Finsternis hüllen kann. Fortan ist es eure Aufgabe, zusammen mit Elika wieder für Licht im Dunkel zu sorgen.
Es mag im Ansatz gemein klingen, aber nicht nur die Grafik wirkt so, als ob sie wieder mehr für Kids gedacht wäre. Das gesamte Gameplay ist deutlich einfacher gestaltet worden, als es die Sands of Time – Trilogie war. Gekämpft wird in der Regel nur noch gegen eine Person gleichzeitig, und auch das, was man früher unter schwierigen Sprungpassagen kannte, erledigt sich schon beinahe von selbst (Lara Croft würde die Parcours mit verbundenen Augen überstehen können). Eine stetige Hilfe erhaltet ihr durch Elika, die nicht nur dazu fähig ist, euch bei weiten Sprüngen auf halbem Weg nochmals weiterzukatapultieren oder im Kampf effektiv mit einzugreifen: wenn ihr mal einen Sprung ins Leere setzt, reicht sie euch im letzten Moment eine rettende Hand, kassiert ihr im Gefecht zu viele Treffer, stellt sie sich schützend vor euch, sprich: sie ist eine Fleisch gewordene Rettungsleine. Es gibt also keinen Sand der Zeit mehr, der Euch errettet, es gibt keine Wegmarken, die als automatische Speicherpunkte gesetzt werden, sondern es geht immer stetig weiter.
Ein weiterer Grund, warum es keine Wegmarken geben kann, ist der nicht-lineare Handlungsablauf, den uns die Entwickler von PRINCE OF PERSIA anbieten. Die Reihenfolge, in der wir die Areale bereisen, steht uns völlig frei, allerdings sind nicht alle Bereiche von vornherein erreichbar: während des Spiels sammeln wir Lichtsamen ein, die, wenn wir nur genug davon beisammen haben, verschiedene Fertigkeiten freischalten, mit denen wir dann in andere Bereiche der Levels gelangen können. Am Ende eines jeden Levelbereichs wartet dann ein Endgegner auf uns. Innerhalb der Hauptlevels ziehen sich diese dann auf die nächstgelegenen Ebene zurück, um dort dann wieder frisch ausgeruht auf uns zu warten. Durch dieses Prinzip müssen wir uns leider jeweils mehr als einmal mit den Biestern herumschlagen, dafür erhalten sie aber auch ein wenig mehr eigenständigen Charakter. Ein weiteres Manko, dass sich aus diesem offen gestalteten Handlungsweg ergibt: wir stellen mehr als einmal fest, einen Ort schon einmal besucht zu haben, bestimmte Kletterpartien sind also ebenfalls eine mehrfach zu absolvierende Pflichtübung. Damit wir nicht völlig orientierungslos durch die Welt streifen, kann uns Elika mit ihren magischen Fähigkeiten den Weg weisen.
PRINCE OF PERSIA hat sicherlich keine einfache Aufgabe darin gehabt, als würdiger Nachfolger aufzutreten, zumal die Vorgängerteile alle auf der etwas älteren Konsolenversion erschienen sind und die Erwartungen entsprechend hoch waren. Mit der völlig neu dargestellten Grafik, dem modifizierten Kampfsystem und dem Teamwork-Element, das sie in Form von Priesterin Elika eingebaut haben, hat sich Ubisoft hier ein wenig aus der Schusslinie gebracht, da ein direkter Vergleich wirklich nur noch mittelmäßig gut funktioniert. An Spannung, Story und Spielspaß mangelt es bei PRINCE OF PERSIA definitiv nicht, allerdings ist der Schwierigkeitsgrad deutlich geringer als die Vorgänger, und auch die abgewandelte Grafik ist zwar ein wahrer Hingucker, man muss sich jedoch darauf einlassen wollen.