Tomb Raider – Underworld (Playstation 3)

Es gibt Dinge, die stehen einfach fest wie das Amen in der Kirche. Darunter fallen auch die folgenden Punkte: Lara Croft und ich werden niemals ein Paar werden. Ebenfalls ihr Schauspieler-Pendant Angelina Jolie ist bereits vergeben. Damit muss ich wohl leben müssen. Aber wie ist das bei verschmähter Liebe meistens? In der Regel ist es schwer, dann noch als Freunde zurechtzukommen. Lara Croft und ich werden wohl auch keine Freunde werden.

Seit es Tomb Raider gibt, gibt es auch den Lara-Hype. Natürlich sieht der weibliche Indiana Jones klasse aus und hat einen ziemlich interessanten Charakter, aber gehört da nicht auch noch etwas mehr dazu? Mrs. Croft hat wahrscheinlich schon vielen jungen Teenagern den virtuellen Kopf verdreht, und nur zu gerne schaut man ihr dabei zu, wie sie sich elegant und geschickt an Wänden entlang hangelt, wilde Sprungpassagen meistert oder knifflige Rätsel löst. Leider scheint es aber, dass ich zum Hobbyforscher nicht tauge, denn egal, wie oft ich auch versucht habe, mich an Laras Abenteuern zu erfreuen: sobald ich die Kontrolle übernehme, läuft alles schief, und würde man einen Tomb Raider – Film nach einer Steuerungsvorlage mit mir am Controller drehen, würde kein actionreicher Adventurefilm dabei herauskommen, sondern vielmehr eine Tragik-Komödie, bei der die Hauptdarstellerin regelmäßig mit schweren Brüchen im Krankenhaus landen oder alternativ innerhalb der ersten drei Szenen sterben würde.

Entsprechend froh bin ich, als ich feststelle, dass sich das neue TOMB RAIDER deutlich simpler und benutzerfreundlicher steuert als die Teile davor, dass die (trotz dieser Tatsache weiterhin bitter benötigten) Wiedereinstiegspunkte immer mehr oder weniger direkt vor dem Sprung in die Tiefe liegen und dass es für die bei TOMB RAIDER-Rätseln spontan auftretenden Gehirnlähmungen freundliche Hilfestellungen im Menü gibt. Das ist nämlich ein weiterer Punkt, der mich bislang an dieser Spielereihe gewurmt hat: springt man mal munter hin und her, ohne abzustürzen, steht man dann irgendwann an einem Punkt, wo man der Meinung ist, alles gesehen zu haben, und trotzdem geht es scheinbar nicht weiter. TOMB RAIDER – UNDERWORLD gestaltet sich einfacher! Zwar ist man immer mal wieder an einem Punkt, wo man quasi hilflos in der Gegend herumschauen muss, bis man das fehlende Puzzlestück entdeckt hat, mit der Zeit weiß man aber ziemlich genau, wonach man im einzelnen Ausschau halten muss.

In grafischer Hinsicht liegt der Titel ziemlich weit vorne und braucht sich auch nicht vor Spielen wie ‚Uncharted’ verstecken. Die Umgebungstexturen sind nett gestaltet, unsere Hauptperson macht eine gute Figur (harrharrharr), und auch Spiegeleffekte und Schatten sehen ansprechend aus. Insbesondere die Wasseroberflächen wirken so, als ob sich die Entwickler hier ganz besonders viel Mühe gegeben hätten.
Klanglich hat das Spiel auch einiges zu bieten, und spätestens die erste Begegnung mit einem gewissen Tentakelarm macht klar, dass das Spiel auch fesseln und entsprechend erschrecken und überraschen kann.

Was ein wenig erschreckend ist, ist die geringe KI der Gegner sowie die überarbeitungswürdigen Schadensmodelle. Vielleicht ist Lara ja auch mit ihren neuen Martial Arts-Künsten heimliche direkte Nachkommen von Chuck Norris oder Bruce Lee, es ist aber irgendwie doch fragwürdig, warum ich einen stämmigen Matrosen mit zwei Tritten auf die Planken schicken kann, seinem Kollegen dafür aber ein gesamtes Magazin meiner Handfeuerwaffe in den Bauch jagen kann, ohne dass dieser an Bleivergiftung dahinsiecht. Ebenfalls scheinen die Leute starke Sehschwächen zu haben, denn sobald ich auch nur halbwegs hinter einem Gegenstand verschwinde, haben sie keinen blassen Schimmer mehr, wo ich denn wohl stecken könnte. Besonders unangenehm fällt dieses auf dem Frachtschiff auf. Versteckt man sich hinter den Rotorblättern der Hubschrauber auf der Landplattform, kann man seinem Kontrahenten ins Gesicht schauen: keine Regung. Allerdings schlägt genau hier auch noch das zweite Problem zu: Obwohl ich unterhalb des Heckrotors ziele und mein Magazin mehrfach in die Beine des Gegners entleere, passiert nichts. Schade, hier wäre ein wenig mehr Feintuning sachdienlich gewesen. Ausserdem ist Lara teilweise etwas stur, wenn es um Kletterpartien geht. Bestimmte Kisten werden nur von einer einzigen Seite bestiegen, von anderen Seiten herangehend werden sie einfach übersprungen. Hier setzt die künstliche Logik des Spiels manchmal aus, ebenso wie bei Stürzen: mal macht es mir nichts aus, einen Meter tief zu fallen, an anderer Stelle stirbt man daran.

Alles in allem ist die Geschichte, die in TOMB RAIDER – UNDERWORLD erzählt wird, recht spannend aufgemacht: es verschlägt Lara Croft in das Reich der nordischen Mythologie. Sie versucht, ihre Mutter aus dem Reich der Toten zu befreien, und ehe dies geschieht, muss sie natürlich noch einige Abenteuer bestehen. Mehr wollen wir an dieser Stelle mal nicht verraten. Das Spiel wird für Fans der Reihe eine mehr als würdige Fortsetzung sein, wer noch nie etwas mit TOMB RAIDER anfangen konnte, wird wohl auch diesmal nicht viel Hoffnung haben dürfen, etwas grundlegend neues zu entdecken. Aber, um den Vergleich aus der Einleitung wieder aufzugreifen: wer kann schon widerstehen, wenn die große Liebe in Hotpants und knappen Oberteil anmutig direkt vor den eigenen Augen eine Wand hochklettert? Wer wird hier nicht zumindest den einen oder anderen Blick riskieren wollen? Eben! Darum rate ich einfach allen, dieses Spiel zumindest einmal anzutesten.