Mutant – Jahr Null: Mechatron (Uhrwerk Verlag)

„10/07/2153, 0617. Auf direkten Befehl des Noatun Oberkommandos wird sämtliches menschliches Personal der Produktionsanlage Mechatron-7 umgehend evakuiert. Um die Fortführung der Produktion zu gewährleisten, wird die Kontrolle über Mechatron-7 vorübergehend an das K.I.-Konstrukt NODOS übertragen.
In einer riesigen Anlage, verborgen in den Tiefen des Ozeans, führt eine Armee aus Robotern noch immer die letzten Befehle der Menschheit aus. Sie arbeiten unermüdlich in heruntergekommenen Fabriken und erwarten die Rückkehr der Menschen. Doch jetzt, Jahrzehnte nach dem Verschwinden der Menschen, hat sich etwas verändert. Einige Roboter haben einen eigenen freien Willen entwickelt. Werden diese Roboter mit ihrem Bewusstsein das Kollektiv retten – oder bedeuten sie letztendlich seinen Untergang?
Mutant: Mechatron ist die zweite eigenständige Erweiterung zum preisgekrönten Rollenspiel Mutant: Jahr Null. Dieses Buch ermöglicht es euch Roboter, die skurrilsten Kreaturen des Mutant-Universums, zu verkörpern und zum Teil der heraufdämmernden neuen Welt werden zu lassen. Mutant: Mechatron kann außerdem als eigenständiges Spiel gespielt werden.“

235 Seiten
Projektmanager: Tomas Härenstam
Autoren: Tomas Härenstam, Thomas Johansson, Christian Granath
Herausgeber deutsche Ausgabe: Patric Götz
Redaktion: Friederike Bold, Felix Hensell

Fazit: Nachdem ich mich nun eingehend mit dem Regelwerk befasst habe, kann meine anfängliche Skepsis größtenteils (wenn auch nicht vollständig) aus dem Weg geräumt werden. Versteht mich nicht falsch, MECHATRON ist ein geniales System, sofern man es für sich betrachtet, und die Spielcharaktere der Roboter sind ziemlich gut durchdacht und im Vergleich untereinander sowie im Vergleich zu den Mutanten gut ausbalanciert. Es gibt lediglich einen Punkt, der mir Unbehagen bereitet, wenn es um eine Erweiterung zu MUTANT: JAHR NULL geht: Einer der größten „Yay“-Momente in diesem Spiel ist für mich die Tatsache, dass der Zufall bestimmt, was für eine Mutation der Spielercharakter erhält. Hätte es bei der Charaktererstellung in MECHATRON einen vergleichbaren Unberechenbarkeitsfaktor gegeben, wäre dies absolut fair gewesen. So kann ich mir aussuchen, was für eine Art von Roboter ich bin (vom Kampfkoloss über die Arbeitermaschinen bis hin zum Protokolldroiden ist da eigentlich alles dabei), und obendrein kann ich mir sogar das Aussehen selbst erwählen, wobei hier Kopf, Torso und Fahrgestell die Werte des Roboters definieren, die Programme und sekundären Funktionen sind dadurch aber nicht bedingt.

Der eigentliche Reiz ist aber sicherlich nicht die Frage, ob ein Roboter ähnlich in der Generierung funktioniert wie ein Mutant, sondern vielmehr der eigentliche Konflikt und das „Erwachen“ eines eigenen Bewusstseins. Bis eben gab es nur den einen Befehl, NODOS zu Diensten zu sein, und plötzlich habe ich so etwas wie „Gefühle“, dass ich etwas anderes machen möchte. Man stelle sich die innere Zerrissenheit einer Maschine vor, die auf der einen Seite gewohnt ist, Befehlen zu gehorchen, und nun auf der anderen Seite einen eigenen Willen für sich entdeckt.

Mit MECHATRON habt ihr die Möglichkeit, völlig eigenständig im MUTANT: JAHR NULL – Universum zu spielen, nur Roboter unter sich, indem ihr einfach im Roboterkollektiv bleibt, oder aber die Maschinen machen sich auf den Weg nach draußen und treffen dort auf die Menschen. Das Bindeglied zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist das beigefügte Abenteuer „Geist in der Maschine“, der genau diese wichtigen Punkte in MECHATRON thematisiert: das Erwachen des freien Willens einzelner Roboter, der sture Befehlsgehorsam bei den anderen Robotern, der Zerfall der Produktionsanlagen von Mechatron-7 und die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, den sicheren Hafen zu verlassen und andernorts nach einem „Sinn der Existenz“ zu suchen…

Roboter haben ganz andere Motive als Mutanten, sie haben abweichende Bedürfnisse und denken völlig anders über ihre Existenz als dies Mutanten tun. Dem wird unter anderem Rechnung getragen, indem die Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Verstand und Empathie ersetzt werden (und zwar 1:1) durch Servos, Stabilität, Prozessor und Netzwerk. Heilung wird ersetzt durch Reparatur, Erkrankungen entsprechen Viren, statt Essen und Trinken benötigen Roboter Energie und Schmiermittel, und natürlich werden mir als Roboter auch ganz andere Bedrohungen gefährlich als einem Mutanten… Wenn Mutanten und Roboter aufeinandertreffen und die Spieler dies auch wirklich gut ausspielen, kann der Spielleiter entspannt die Arme hinterm Kopf verschränken und sich zurück lehnen. MECHATRON funktioniert perfekt als eigenständig betrachtetes Rollenspielsystem, es erweist sich aber auch als absolute Bereicherung in Kombination mit dem Grundregelwerk. Einzig der „Überraschungsmoment“ durch die Mutationen bleibt den Robotern verwehrt, aber das ist wohl nur ein kleiner verdreckter Öltropfen im Getriebe und bestimmt kein Sand…