Bionic Commando (Xbox 360)

Mit bionischem Arm, aber ohne das Aussehen von Lee Majors, macht ihr euch in Capcoms neuem Actionabenteuer auf den Weg durch eine dem Erdboden gleich gemachte Stadt, um einer Terroristengruppe das Handwerk zu legen. Hierfür werdet ihr direkt aus dem Gefängnis rekrutiert, denn obwohl unser verkappter Antiheld sich gegen seine Vorgesetzten aufgelehnt hat: er ist der Einzige, der hier noch die Rettung bringen kann.

Und auf geht es ins Gerangel. Aus der Third-Person-Ansicht genießt ihr diesen Titel, der grafisch wirklich einiges auf dem Kasten hat. In einer kurzen Eingewöhnungsphase, in der ihr erst einmal als einarmiger Bandit durch das Tutorial-Level rauscht, um eure bionische Gliedmaße zu finden, lernt ihr zunächst einmal, was die Steuerung ohne Spezialarm so alles kann. Entsprechend müsst ihr euch erst einmal den Weg freischießen. Das klappt soweit auch recht gut. Habt ihr erst einmal den superteuren Grabscher in Händen, wird es nicht nur einerseits interessant (denn bis dahin spielt sich BIONIC COMMANDO eher wie ein mittelprächtiger Shooter), sondern in gleichem Maße auch kompliziert. Die „Hand“-Habung ist alles andere als locker, und trotz eines nun deutlich als Tutorial gekennzeichneten Abschnitts, in dem euch alle Tricks mit dem Arm gezeigt werden (auch wenn ein Teil davon euch noch gar nicht zur Verfügung steht), ist die anschließende Steuerung eher krampfig und benötigt einiges an Geduld, bis ihr das Gefühl habt, das Ding so unter Kontrolle zu haben, dass es auch genau das tut, was ihr wollt.
So könnt ihr euch ähnlich wie Spiderman an Häuserwänden und anderen Gegenständen entlang schwingen, und sofern ihr das richtige Timing besitzt, könnt ihr derart elegant durch die Lüfte segeln und richtig viel Fahrt aufnehmen, dass es selbst den Elitesoldaten zu einem „Wohoooooo“ hinreißen lässt. Anfänglich wird es allerdings eher so aussehen, dass ihr beim Schwung holen irgendwo gegen stoßt und dann wie ein nasser Sack am Teleskoparm hängt, oder ihr lasst zu früh oder spät los und erreicht euer anvisiertes Ziel nicht mehr. Apropos: ihr müsst sämtliche Aktionen manuell mit dem Fadenkreuz anvisieren, eine automatische Funktion gibt es hierbei nicht. Dadurch ist es euch beispielsweise auch nicht möglich, eure Gegner weiter zu beobachten, während ihr über ihnen hin-und her schwingt. Natürlich könnt ihr euren Teleskoparm auch verlängern oder verkürzen, aber auch hier ist es eher schwierig, das richtige Maß zu treffen.
Den Arm als Waffe einsetzen? Klar, wieso nicht. Packt den Gegner, zieht euch an ihn heran und tretet ihm kräftig gegen den Brustkorb. Von der Idee her gut, würde man die Leute so packen können, dass ihre Arme bewegungsunfähig sind. Wenn ihr diese Aktion nun aber aus größerer Entfernung startet, müsst ihr damit rechnen, dass der Gegner auf euch schießt, wodurch ihr nicht nur verletzt werdet, sondern auch den Angriff abbrecht. Also doch lieber aus der Entfernung schießen? Die Zielgenauigkeit lässt ein wenig zu wünschen übrig, ganz im Gegensatz zu der Treffsicherheit der Terroristen. Als recht zuverlässige Taktik hat sich erwiesen, möglichst schnell in die Gegnertruppen vorzustoßen, sie mit Sperrfeuer einzudecken und dann aus kurzer Distanz die Trittattacken durchzuführen. Später könnt ihr schwere Gegenstände in die Luft schleudern und damit die Feinde eindecken.
Wie bereits eingangs erwähnt: optisch und akustisch ist BIONIC COMMANDO eine wahre Freude, und auch, was das Gameplay an sich betrifft, hat man sich hier viel Mühe gemacht, ein interessantes Spiel zu gestalten, das an vielen Stellen auf die Gadgets (Go-Go Gadgeto-Arm) zurückgreift und ohne die es schwer bis unmöglich wird, das Spiel zu meistern. Jedoch scheinen die Entwickler fast zu viel Zeit mit dem Spiel verbracht zu haben, sodass ihnen die komplizierte Handhabung letztendlich gar nicht mehr aufgefallen ist. Wo ihr euch stellenweise gerade im ersten drittel des Spiels durch Areale bewegt, in denen euch keinerlei Gegenwehr erwartet und ihr übertrieben gesagt alle zwei Meter einen Checkpoint erreicht, gibt es dann aber auch Stellen, wo ihr euch durch überflutete Gebiete kämpfen müsst (in denen ihr ertrinkt), Scharfschützen aus der Schussbahn gehen müsst (was ihr in den meisten Fällen nur könnt, indem ihr sie einen nach dem anderen eliminiert), und am Ende noch einen Zwischengegner zur Strecke bringt, ohne dass irgendwann auch nur eine Sekunde zum Durchatmen bleibt, geschweige denn ein Checkpoint in Sicht ist. Gerade hier könnt ihr euch auf das Prinzip „Trial & Error“ verlassen, denn bei gesteigertem Schwierigkeitsgrad ist diese Stelle fast nicht zu meistern. Auch das zieht sich ein wenig wie ein roter Faden durch das Spiel: mal ist alles zu einfach und ihr rauscht durch die Landschaft, dann kommt plötzlich eine kurze Sequenz, an der ihr euch die Zähne ausbeißt. Die langen Ladezeiten beim Neubeginn können dann schon irgendwann anfangen, an den Nerven zu zerren. Dennoch:
BIONIC COMMANDO hat mich gepackt, in mehrerlei Hinsicht: zum einen habe ich mir in den Kopf gesetzt, mit der Spielfigur umgehen zu können, als hätte ich selbst einen bionischen Arm, zum anderen will ich unbedingt das Ende der Story wissen, egal, wie lange ich manche Stellen im Spiel auch austesten muss. Eigentlich könnten nur zwei Dinge derzeit geschehen, damit ich BIONIC COMMANDO zur Seite lege: Capcom bringt überraschend Resident Evil 6 raus, oder es erscheint die DVD-Fassung vom „Sechs-Millionen-Dollar-Mann“.