Halo 3 ODST (Xbox 360)

Ich war schon immer Freund der Halo-Reihe, wenn auch nicht fanatischer Anhänger wie viele andere, die eine XBOX-Konsole ihr Eigen nennen. Der Masterchief als Hauptfigur funktionierte 3 Teile extrem gut, man kann sicher sein, dass er auch ein-zweimal häufiger funktionieren würde. Statt sich aber auf dem quasi-sicheren Erfolg auszuruhen, kündigte das Entwicklerteam von Bungie an, ein Halo-Spiel ohne den Masterchief auf den Markt zu schmeißen, bei dem durch die deutlich anfälligeren Sturmtruppen, in deren Haut man schlüpfen würde, ein weitaus taktischeres Element hinzukommen würde. Ob das wohl klappt?

Fangen wir einfach an: das Spiel fühlt sich eindeutig nach HALO an. Dass ihr dieses mal nicht in der Rolle des Masterchief durch die Level stampft, macht sich eigentlich ehrlich gesagt fast gar nicht bemerkbar: die Uniform der ODST (Orbital Drop Shock Troopers) sieht ähnlich aus, ihr könnt quasi die gleichen Sachen tun wie der Supersoldat, und wäre da nicht der fehlende Schutzschild, könnte man fast meinen, man wäre der Masterchief. Das eigentlich taktische Element des Spiels rührt also nicht daher, und trotzdem spielt sich HALO 3 ODST anders. Warum? Ganz einfach: die Levels sind so dunkel gestaltet, dass ihr größtenteils zwangsverpflichtet werdet, mit dem Nachtsichtmodus durch die Gegend zu gehen. Hierbei werden Objektkanten durch eine gelb leuchtende Linie hervorgehoben, und eure Gegner leuchten rot auf… Ja, genau! Wer die roten Punkte auf dem ansonsten quasi-schwarzen Bildschirm sieht, weiß, wo die Gegner stehen. Hier hätten eigentlich nur noch die automatisch das gewünschte Ziel treffenden Projektile gefehlt, um den spielerischen Anspruch noch weiter nach unten zu schrauben.
Das Leveldesign ist nicht nur dunkel, sondern auch trist. Die Gebäude, die die engen Straßenschluchten von New Mombasa begrenzen, sind allesamt steril und mit nahezu null Texturen gestaltet. Vielleicht haben die Entwickler genau deswegen einen dunklen Mantel des Schweigens (bzw. des „nicht-näher-hinsehens“) darüber ausgebreitet, um ein wenig darüber hinwegzutäuschen. Viel anstrengender ist allerdings die Tatsache, dass durch die Dunkelheit, durch die quasi komplett identisch aussehenden Gebäude und die suboptimale Hilfestellung diesbezüglich, das Finden des richtigen Wegs zu einem kleinen Glücksspiel wird. Eine Kinderratesendung sagt bekanntlich „Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht.“. Bei HALO 3 ODST lautet der Merksatz eher „Ob ihr wirklich richtig geht, merkt ihr, wenn Gefahr ansteht.“. Die gegnerischen Truppen sind an strategisch günstigen Punkten über die Stadt verteilt. Habt ihr ein gewisses Areal gesäubert, habt ihr häufig das Problem, dass ihr im Gefecht die übersicht verloren habt, von wo ihr kamt und in welche Richtung ihr gelaufen seid (der Kompass ist nur bedingt hilfreich dabei). Mittels Trial & Error werdet ihr schon schnell herausfinden, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist oder nicht, denn wenn ihr nicht auf Gegner trefft, dann wart ihr da schon mal irgendwann.

Die Story ist eigentlich schnell erzählt. Zeitlich befinden wir uns noch vor den Ereignissen von Halo 3: ihr seid Teil einer Eliteeinheit, die von Amanda Keiths´ Raumschiff auf New Mombasa abspringen soll, um dort das Allianzraumschiff zu kapern (Halo 2), das just in dem Moment, wo ihr im Begriff seid, anzugreifen, in ein Wurmloch springt, und durch die daraus resultierende Druckwelle wird euer Team quer über die Stadt verstreut. Ihr sucht nun eure Kameraden in den Trümmern, und jedes mal, wenn ihr eine Landezone erreicht habt und ein Indiz auf die ODST findet, springt ihr als Flashback in die Storyline der Person, die ihr nun gerade gefunden habt, um zu erfahren, wie es demjenigen ergangen ist…
Das war es eigentlich schon im Groben.

Was die Halo-Reihe natürlich schon immer ausgezeichnet hat (und auch immer noch auszeichnet), ist der hervorragende Multiplayer-Modus, den das Spiel bietet. Auch in HALO 3 ODST habt ihr die Möglichkeit, kooperativ mit anderen Spielern die Kampagne durchzuspielen (übrigens auch offline im Splitscreen, was heutzutage schon längst nicht mehr zum Standard gehört, von vielen aber schmerzlich vermisst wird). Als besonderes Schmankerl legt Bungie eine zweite Disk bei, auf der der komplette Multiplayer-Anteil von Halo 3 liegt (inkl. 24 Maps, die teilweise als separate Mappacks als DLC separat gekauft werden mussten). Zudem wird uns ein neuer Multiplayer-Modus spendiert: im Firefight-Modus werdet ihr mit bis zu vier Spielern gleichzeitig von immer stärker werdenden Angreiferhorden überrollt, die es abzuwehren gilt. Da ihr, wie bereits erwähnt, keine Schutzschilde in eurer Panzerung habt, setzt dies gute Absprachen und Teamwork voraus. Klasse umgesetzt.

Für diejenigen, die HALO 3 noch nicht besitzen, ist das Spiel eine klare Kaufempfehlung. Fans der Serie, die auch schon den Vorgänger haben, werden über den etwas mageren Umfang ein wenig verdrossen sein (die Einzelspieler-Kampagne ist recht fix durch, der Firefight-Modus alleine rechtfertigt den Neukauf nicht zwangsläufig). Insgesamt bleibt das Spiel ein wenig hinter den sehr hohen Erwartungen zurück, die angekündigten Neuerungen sind nicht konsequent genug durchgezogen worden, die Grafik ist zwar ein ungewohnter Stil (davon ausgehend, dass auch ihr die meiste Zeit im Nachtsicht-Modus unterwegs seid), täuscht aber nur bedingt über die Texturarmut hinweg.
Technisch ist das Spiel nicht mehr auf dem allerneuesten Stand der Dinge, was allerdings auch nicht verwundert, immerhin handelt es sich offiziell ja „nur“ um ein Add-On. Wir hätten uns nichtsdestotrotz etwas mehr Neuerungen, ein wenig mehr Detailverliebtheit bei der grafischen Umsetzung sowie ggf. ein mehr interessante Zusatzinhalte für Halo 3-Besitzer gewünscht. Dass die Orbital Drop Shock Troopers zudem dermaßen viel Ähnlichkeit mit dem Masterchief haben und obendrein nahezu das gleiche können, bringt mich auf eine grandiose Idee für zig andere Spiele: Super Mario ohne Mario, dafür werden Klempner genommen, oder Tomb Raider ohne Lara Croft, dafür ne heiße Schatzsucherin? Nur ein Vorschlag…