INFAMOUS (Playstation 3)

Held sein, oder doch lieber die übermenschlichen Fähigkeiten zum eigenen Vorteil nutzen? Diese Frage stellt sich euch immer und an jeder Ecke bei INFAMOUS, dem neuen Actionspektakel für die PS3. Wem viele der Spielideen bekannt vorkommen, der irrt nicht: das, was man hier vorgesetzt bekommt, ist mehr oder weniger eine zusammengeklaubte Sammlung der besten Elemente von unlängst veröffentlichten Titeln. Warum das Rad neu erfinden, wenn man auch mit den gegebenen Ideen ein tolles Spiel machen kann? Das haben sich auch die Herren von Sucker Punch Productions gedacht!

Cole McGrath ist Kurier, doch sein gesamtes Leben ändert sich schlagartig, als eines Tages eine Bombe von ihm durch die Straßen von Empire City transportiert wird. Die Explosion zerstört ein großes Areal, aber das ist nicht die einzige Folge: die Menschen erkranken an einer Seuche, andere wiederum erlangen spezielle Fähigkeiten. Gangs machen die Straßen unsicher und vertreiben Recht und Ordnung. Empire City wird in Quarantänestatus versetzt, und ihr seid mittendrin. Wie sich aber herausstellt, habt ihr ebenfalls eine besondere Fähigkeit erlangt: euer Körper kann nun Elektrizität manipulieren. So rennt ihr als Blitze verschießende Sportskanone durch die Straßen und müsst euch entscheiden: geht ihr den rechtschaffenen Weg und werdet ein Held, oder schlummert in euch doch ein dunkler Kern und ihr werdet zum Schurken? Diese Entscheidung hat nicht nur Einfluss darauf, ob die Stadtbewohner euch fürchten oder verehren, sondern vielmehr entscheidet sich hierdurch auch, welche Spezialfähigkeiten ihr erwerben könnt. Im späteren Spielverlauf erhaltet ihr noch diverse andere Fertigkeiten, etwa Blitzgranaten, Schockwellen, oder ihr stürzt euch aus großer Höhe als Blitzeinschlag herab, ihr könnt Zivilisten heilen, ihr könnt am Boden liegenden Gegnern Elektrofesseln verpassen oder aber ihnen die letzten Lebensreserven entziehen, auf Stromleitungen oder Schienen gleiten, … Die Reihe kann noch weiter ausgebaut werden, allerdings dürfte auch so schon klar sein, dass ihr vielfach Möglichkeiten habt, eure Energien loszuwerden, die ihr an jeder beliebigen elektronischen Einheit in der Stadt wieder aufladen könnt (Straßenlaternen, Verteilerkästen, etc.).

Neben den Hauptmissionen lebt das Spiel vor allem von seinen unzähligen Nebenmissionen, durch die ihr ganze Stadtteile von Gegnern befreien könnt und somit eine Art Refugium für euch verschafft, denn: in den „unbefriedeten“ Gebieten lauern die Reaper an jeder Ecke und machen euch das Leben schwer. Bei den Nebenmissionen geht es darum, bestimmte Gebäude von Überwachungskameras zu befreien, Kuriere unbemerkt zu verfolgen, Geiseln zu befreien etc. Natürlich winken nebenbei auch noch Erfahrungspunkte, die ihr in die Verbesserung eurer Kampffertigkeiten stecken könnt.

Neben einer durchaus gelungenen Grafik und sattem Sound besticht das Open-World-Erlebnis von INFAMOUS zum einen über die Reaktionen der Zivilisten auf euch und euer Handeln (die KI der Reaper könnte manchmal etwas besser sein, hier handelt es sich in erster Linie um stumpfes Kanonenfutter, dass euch blindlings hinterherläuft und sofort das Feuer eröffnet, sobald es euch erblickt), zum anderen aber insbesondere durch die absolut perfekte Steuerung. Jede Aktion ist logisch auf dem Joypad verteilt, die Figur reagiert exakt auf eure Eingaben und lässt somit intuitives Springen und Hangeln, Schießen und Ausweichen zu, ohne dass ihr jemals das Gefühl hättet „eigentlich sollte dieser Sprung woanders landen“. Hier hat Sucker Punch die Messlatte für direkte Steuerung recht hoch gesetzt und kommende Titel wie „Uncharted 2“ werden es schwer haben, dieses Level ebenfalls zu erreichen.

Abgesehen davon, dass die Haupthandlung ein wenig spannender und vor allem zwingender inszeniert hätte werden können (teilweise wisst ihr vor lauter Nebenmissionen gar nicht mehr, was ihr eigentlich machen sollt), spielt sich INFAMOUS absolut flüssig durch und wird euch auch für mehrere Stunden am Stück begeistern können. In wie weit der Wiederspielwert durch das Gut-oder-Böse-Prinzip reizt, bleibt abzuwarten, aber durch die recht hohe Spieldauer ist fraglich, ob leicht abweichende Fertigkeiten ausreichen, um euch das gesamte Abenteuer noch einmal spielen zu lassen. Das ändert allerdings nichts daran, dass INFAMOUS insgesamt das Prädikat „sehr gut“ verdient hat und sich entsprechend auf gleichem Niveau wie beispielsweise ein GTA IV bewegt, lediglich halt mit ein paar anderen Einflüssen und weniger „Freizeitaktivitäten“ fernab der Missions-Realität.