Bryce Boltzmann ist, so kann man sagen, ein ziemlich erfahrener Dämonenjäger. Seit nunmehr 500 Jahren macht er den Job, nicht ganz ohne Rückschläge, wie man sich angesichts dieser Zahl wohl denken mag, denn: Bryce ist selbst zu einem Leben als Untoter verdammt, vom Dämonenkönig höchst selbst. Kein Wunder also, dass er sich nun ein Bein ausreißt, um seine Rache zu bekommen. Halt nein, das mit dem Ausreißen machen die feindlichen Dämonen schon. Willkommen bei NEVERDEAD.
Eigentlich ist die Bestrafung vielleicht gar nicht sooo übel, wenn man noch viel vor hat. Nicht mehr sterben können. Gerade einen Videospielhelden sollte dieses Los doch gerade recht sein, oder? Nicht so Bryce, denn der ist mit seinem Zustand alles andere als zufrieden. Zudem sei gesagt, dass auch er natürlich einen Schwachpunkt hat: sollte mal ein Dämon seinen Kopf verschlucken, dann haben wir auch hier den virtuellen Todeszeitpunkt erreicht, denn damit sind wir dann zur ewigen Verdauung verdammt. Igitt, schnell einen anderen Gedankengang.
Genau: Boltzmanns Wegbegleiterin, die Agentin Arcadia, ist sterblich, und bedarf im Kampf gegen die Hölle natürlich Schutz durch Bryce. Die hübsche Blondine ist zwar ebenfalls recht wehrhaft, aber im Vergleich zu Bryce, der neben diversen Schusswaffen auch ein riesiges Butterfly-Schwert mit sich herumträgt, ist sie eher Feuerunterstützung. Außerdem hat Bryce ja auch noch den Vorteil, dass er durchaus in der Lage ist, wie eingangs schon angedeutet auf diverse Extremitäten zu verzichten. Werdet ihr von Dämonen getroffen oder explodiert etwas in eurer Nähe, verabschieden sich Arme, Beine und Torso (nacheinander oder alles auf einmal oder mal mehr, mal weniger), sodass ihr zuletzt nur noch als rollender Kopf durch die Level streift. Zwar könnt ihr euch auch in diesem Zustand noch bedingt zur Wehr setzen, solltet aber schnellstmöglich wieder die restlichen Extremitäten wieder einsammeln. Mittels Heilelixieren könnt ihr auch für Spontanwachstum sorgen, wenn ihr mal einen Arm nicht mehr wieder finden solltet oder es vom Leveldesign her nicht machbar ist, an die zuvor verlorenen Teile wieder heranzukommen.
Oftmals verlangt es das Spiel nämlich von euch, dass ihr als rollender Kopf durch Schächte rollt, um an die Rückseite einer verriegelten Tür zu gelangen (komisch: eben noch schlagen wir mit dem Schwert Steinsäulen zu Klump, und im nächsten Moment hindert uns eine abgeschlossene Holztür am Weiterkommen? Wie ich solche Logikfehler in Spielen nicht leiden kann). Spaßeshalber könnt ihr natürlich auch versuchen, den losen Kopf durch die immer mal wieder platzierten Basketballkörbe zu bringen (dafür gibt es dann auch ein Achievement).
500 Jahre lang schlechte Laune, da sammelt sich einiges an Sarkasmus, schwarzem Humor und bitteren Kommentaren, die oftmals auch ins Selbstironische gehen („Wo ist mein rechtes Bein hingelaufen?“). Nichtsdestotrotz hat Bryce natürlich ein Auge auf seine Schutzbefohlene, und das Eigeninteresse, über kurz oder lang (in Bezug auf sein Leben lang, in Bezug auf die Gesamtspielzeit überschaubar) seine Rache zu bekommen und den Fluch zu brechen, der ihn an seinen untoten Körper bindet.
Die Grafik wirkt zwar ein wenig angestaubt, ist aber noch kein Kritikpunkt, der NEVERDEAD im Dämonenmagen parken würde. Die grundsätzliche Idee ist schon enorm witzig, krankt aber ein wenig daran, dass sie schon nach sehr kurzer Zeit ausgelutscht ist. Selbst auf einfachster Schwierigkeitsstufe hat man das Gefühl, Bryce ist eher ein Untoter mit Lepra und Schüttelfrost. Fast wie von selbst verliert er am laufenden Band Beine und (dann am kriechenden Band) Arme, ständig seid ihr dazu verdammt, der Action von Arcadia als Zuschauer beizuwohnen, der damit beschäftigt ist, seine restlichen Extremitäten zusammenzusammeln. Dass die Steuerung als rollender oder kugelnder Klumpen eher träge ist, kann man sich sicherlich vorstellen, die Kameraführung hierbei ist obendrein noch eine Katastrophe. Ich hätte es völlig verstanden, wenn die einzelnen Körperpartien nur eine begrenzte Anzahl von Treffern aushalten könnten, oder der gesamte Bryce nur über eine bestimmte Resistenz verfügt, aber bei jeder Kleinigkeit erst wieder Arm oder Bein zu suchen, ist auf Dauer lästig. Hier hat man sich zu sehr auf die Grundidee des Spiels versteift und den Spielfluss dabei leider aus den Augen verloren. Obwohl NEVERDEAD von der Idee her hitverdächtig klingt, reicht es im Endeffekt leider nur für ein durchschnittliches Endergebnis, das viel Potential nach oben gehabt hätte.