Bioshock Infinite (Xbox 360)

bioshock_infiniteBIOSHOCK INFINITE aus dem Hause 2K Games ist einer dieser Titel, die ich nur allzu gerne in höchsten Tönen loben wollen würde, wenn da nicht diese kleine Stimme im Hinterkopf wäre, die mir die ganze Zeit vorspricht, dass es auch ein Bioshock 1 & 2 gegeben hat und ich diese Spiele wegen bestimmter Dinge geliebt habe. Dass man sich nicht ständig selbst wiederholen darf, ist ganz klar und steht völlig außer Frage, aber es gibt Dinge, an die sollte man sich bei einer Fortsetzung, und sei sie auch nur im Geiste, nicht heranwagen. Deswegen vorab die Information: wer Bioshock 1 & 2 nicht kennt, möge sich an meinen kritischen Äußerungen nicht stören, denn nur für sich betrachtet ist BIOSHOCK INFINITE ein Hammer!
Tapetenwechsel! Nachdem wir zwei Spiele lang in der Unterwasserstadt Rapture aufgeräumt haben, wurde es Zeit für ein neues Setting. Die Stadt Columbia schwebt hoch oben über den Wolken, ist ansonsten allerdings in ihrer Detailverliebtheit mit Rapture absolut gleichzusetzen. Auch wenn die Areale etwas weitläufiger und offener sind, so ist nichtsdestotrotz das Spielempfinden in der Wolkenstadt etwas schlauchiger, als es in den engen Gängen von Rapture der Fall war. Aber was genau machen wir in Columbia? Der Spieler springt in die Rolle von Booker DeWitt, einem Mann, der in irgendeiner Form Schuld auf sich geladen haben muss, um auf ein solches (im wahrsten Sinne des Wortes) Himmelfahrtskommando geschickt zu werden. In Columbia sollen wir das junge Mädchen Elizabeth finden, sie beschützen und zurück auf die Erde bringen. Was an Elizabeth so wichtig ist? Das erfahrt ihr erst später, und wir wollen aus Spoiler-Gründen noch nicht darauf eingehen.
In Columbia selbst findet ihr euch in einer absolut rassistischen Gesellschaft wieder, die ihrem selbsternannten Propheten Comstock hinterherläuft wie die Lämmer zur Schlachtbank. Zu eurem Ärgernis werdet ihr schon sehr früh als der Antichrist enttarnt, und sofort habt ihr das Gefühl, dass die bis dahin noch freundliche Gesellschaft von Columbia plötzlich geschlossen gegen euch ist.
Das ist auch der Moment, in dem BIOSHOCK INFINITE sein wahres Gesicht zeigt. Ab jetzt bewegt ihr euch vorsichtiger durch die Level, seid permanent bewaffnet und nutzt ggf. die sogenannten Vigors (vergleichbar mit den vormals Plasmide genannten Features der Vorgängerspiele). Und genau in diesem Gameplay liegt auch das Problem. BIOSHOCK INFINITE bietet euch die Möglichkeit, mit der rechten Hand zu schießen und mit der linken Hand eure Spezialfähigkeiten zu nutzen. Die offenen Areale machen es aber fast unmöglich, diese auch effektiv einzusetzen, und da ihr im Gegensatz zu den Vorgängern keinerlei Einfluss auf Maschinen und Selbstschussanlagen nehmen könnt, Munitionsknappheit in Columbia ein Fremdwort ist und sowieso überall Waffen umherliegen, schießt ihr besser einfach alles um, was euch in den Weg läuft oder das Feuer auf euch eröffnet.
Das Transportsystem der Sky-Lines ist ein sehr nettes Feature, das auf jeden Fall erwähnt werden will, insgesamt nach unserem Geschmack aber zu wenig Einsatz findet. Hier wäre mehr drin gewesen, aber auch so ist das schon ganz lustig gemacht. Ebenfalls einerseits cool, andererseits aber auch etwas zu eindimensional ist der Einsatz von Elizabeth, die Story-mäßig sehr gut integriert wird, als Begleiterin aber durch ihre speziellen Fähigkeiten nur sehr limitiert hilft (also limitiert im Sinne von verschiedenen Möglichkeiten, nicht im Sinne von Ergebnissen). Ebenfalls eine in meinen Augen leicht vertane Chance.
Wer mit all dem leben kann, und wem eine spannende, abgedrehte, aber in sich irgendwie schlüssige Geschichte zu erleben wichtiger ist als das eigentliche Spielerlebnis, das ab einem gewissen Punkt repetitiv ist, der liegt bei BIOSHOCK INFINITE absolut richtig, und würde man den Titel nicht mit seinen Vorgängern vergleichen, sondern neutral bewerten, so gäbe es hier sicherlich so gut wie keinen einzigen Kritikpunkt, den man äußern würde. Wer nämlich „unbelastet“ durch die Vorgänger an dieses Spiel ran geht, der erlebt so unglaublich viel zum ersten Mal, dass unsere leisen Kritikpunkte zu einem Flüstern verkommen, das schon nach wenigen Zentimetern erstirbt.