„Die Fundamente für ein Fantasy-Rollenspiel in der Tradition der klassischen Sword & Sorcery.
Die Fundamente für Abenteuer in einer uralten Welt, die von Geheimnissen und Gefahren durchdrungen ist und von Wahnsinn und Verlangen geformt wird.
Die Fundamente einer dramatischen Realität, wo jedermann dunkle Wolken und Gewitterstürme über einem Schlachtfeld erwartet, wo der Zorn eines barbarischen Kriegers Schilde und Schwerter zerschmettert und wo selbst die Geister der Erde zu Sklaven von Lust und Leidenschaft werden.
„Malmsturm – Die Fundamente“ basiert auf Fate Core. Du benötigst zum Spielen als das Regelbuch „Fate Core System – Deutsche Ausgabe“: ein Universalsystem für narratives Rollenspiel, bei dem die Charaktere im Mittelpunkt stehen.“
B5 Hardcover, 400 Seiten mit Goldrand
Fate Core: Rob Donoghue & Fred Hicks
Hintergrund: Werner H. Hartmann + Bjorn Beckert
Illustrationen: Björn Lensig
Chefredaktion: Dominik Pielarski
Redaktion: Helge Wilkowei
Fazit: Wenn Heavy Metal ein Rollenspiel wäre, dann wäre es vermutlich Malmsturm! Zumindest ist die Affinität der Macher von Malmsturm nicht nur nicht zu leugnen, sondern sie trieft förmlich zwischen den Seiten hervor. Das fängt bereits mit dem Logo des Systems an, welches genauso gut von einer BlackMetal-Band stammen könnte, und zieht sich wie ein goldener Faden durch das gesamte Layout: viele schwarze Seiten mit goldener Schrift, im Fußtext auf so ziemlich jeder Seite eine Songempfehlung von Metalbands, und zum Abschluss ein Zitat von Lemmy Kilmister, welches als Statement zu verstehen ist: „If you don´t like it, fuck off!“. Allein schon deswegen fühle ich mich insgesamt auf den Seiten von Malmsturm wohl und geborgen.
Das hat aber alles nur bedingt mit dem Spiel an sich zu tun. Malmsturm ist ein klassisches Sword & Sorcery-Setting für das Fate Core Regelwerk! Wer dazu so gar keinen Plan hat, der kann sich an dieser Stelle schlau lesen: Fate Core Regelwerk.
In ebenjener Rezension habe ich darauf hingewiesen, wie schwierig es für mich war, ein Regelwerk zu besprechen, ohne dabei eine bestimmte Welt im Hinterkopf zu haben. Mit Malmsturm habe ich nun eine (der vielen) Möglichkeiten, das Regelwerk mit einer Welt zu verknüpfen, und siehe da: plötzlich ergibt das alles einen Sinn. Die Welt von Malmsturm ist eine harte, eine raue Welt, in der Magie selten ist, in der man mit einer Klinge in der Hand grundsätzlich erst einmal gut beraten ist, eine Welt, die kaum zum Spazierengehen einlädt.
Die namensgebenden Malmsturm-Aspekte dienen dazu, die Szenarien immer dann, wenn es sich besonders anbietet, eskalieren zu lassen, indem man die Situation zuspitzt. Regeltechnisch erbringt dies einen Bonus von +2 bzw. die Möglichkeit eines erneuten Würfelns, allerdings zu dem Preis, dass sich die Lage entsprechend dramatisch verändert.
Die Welt von Malmsturm ist unterteilt in drei Regionen: den Norden, die Waismark und das Imperium. Diese Einteilung findet ihr auch im Regelwerk wieder, sodass ihr nicht großartig filtern müsst, welche Informationen in welche Region gehören, sondern dies ist bereits stimmig und sinnvoll bereits so für euch vorgesehen.
Während der Norden eine kalte, triste Umwelt ist, vermutlich am ehesten zu Vergleichen mit dem Leben in der Eiszeit, Wikingern u.ä., befindet ihr euch in der Waismark in einer Region, die mit dem europäischen Mittelalter viele Gemeinsamkeiten hat. Für das Imperium nennen die Autoren einen Vergleich zum antiken Orient, Babylon, Alexandria, ich denke ihr versteht, in welche Richtung das geht. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander, wo edler Prunk und Bombast herrscht, ist in der nächste Gasse schon Elend und Abschaum zu finden.
Typisch für Sword & Sorcery, dreht sich eigentlich alles um die Menschen, d.h. dass die klassischen sonstigen Rassen aus anderen Fantasy-Bereichen (Elfen, Zwerge, Gnome etc.) hier nicht vorkommen, die Theorie über Magie ist quasi nicht vorhanden, die Umsetzung bleibt etwas Mystisches…
Malmsturm ist aufgeteilt in insgesamt neun Kapitel: Nach einer obligatorischen Einführung und Erklärung, was das Buch an sich ist (ich frage mich immer: wer benötigt dieses Kapitel? Eigentlich sollte doch hoffentlich jedem, der das Buch gekauft hat, bereits im Vorfeld klar sein, dass es sich um ein Regelwerk handelt, und nicht etwa um einen Fantasyroman…), erfolgt im zweiten Kapitel eine kurze Beschreibung von Malmsturm. In Kapitel drei geht es direkt ans Eingemachte, der Charaktererstellung, Aspekten, Fertigkeiten und Stunts. Aber das ist noch nicht alles: Stress und Konsequenzen, Belohnungen, viele Vorschläge für Archetypen (bereits unterteilt nach der jeweiligen Herkunft), Konflikte und die Charakterentwicklung werden ebenfalls behandelt.
In Kapitel vier wird nun regeltechnisch erläutert, was es mit dem Malmsturm auf sich hat. Kapitel fünf hat den stimmigen Titel “Extras“ und widmet sich Themen wie Artefakten, Gefährten und auch um die Magie.
Kapitel 6 steht wieder voll im Zeichen der Spielleitung: Szenarien und Kampagnen ist hier das große Thema. Wie leite ich ein Abenteuer, an welchen Stellen sollte ich mein Improvisationstalent zur Schau stellen, wie verknüpfe ich Abenteuer zu einer Kampagne, wie reagiert die Welt von Malmsturm auf Kampagnen, etc.
Fast schon etwas spät, wird uns dann in Kapitel 7 die Welt endlich im Detail vorgestellt. Nachdem bereits über 250 Seiten eine Aufteilung in die drei großen Regionen von Malmsturm erfolgt ist, brenne ich inzwischen auch schon darauf, mehr darüber zu erfahren, wie es im Norden, der Waismark oder dem Imperium aussieht, wie die Leute dort ticken, was sie bewegt, etc. Hierbei zeigen die Macher unglaublich gutes Fingerspitzengefühl, denn der Balanceakt zwischen “genug Informationen, um es anschaulich zu machen“ und “genug Platz, um es zu MEINER Region zu machen“ gelingt ausgesprochen gut. Ich habe eine klare Vorstellung der Regionen, ohne dass ich das Gefühl vermittelt bekomme, dass ich mich bis ins letzte Detail einem festen Kanon verschrieben hätte.
Was benötigt ein Regelwerk noch, um komplett zu sein? Insbesondere eins, das “Heavy Metal“ sein will? Na klar, böse Monster und Kreaturen, die es den Helden im Alltag schwer machen wollen. Kapitel 8 bietet uns eine überschaubare Auswahl, erneut aufgeteilt in die drei Regionen, von gerade einmal 18 Kreaturen. Diese sind regional typisch, teilweise von der Idee her recht eigenständig, aber nicht außerordentlich, will heißen: hier kann man sich gut orientieren, um unzählige weitere Bestien selbst zu entwerfen oder aus anderen Systemen zu adaptieren.
Abschließend gibt es noch ein paar Tabellen und Übersichten im Bereich “Anhänge“ Kapitel 9. Wer schnell etwas nachschlagen will, wird hier für alles Wichtige fündig.
Was genau kann MALMSTURM nun als Fate Core- basiertes Rollenspiel? Martialisch kann Malmsturm definitiv, und, wobei ich vorweg erklären will, dass dies kein negativer Kritikpunkt sein soll, male supremacy kann es auch. Natürlich ist das nicht okay im Gesamtkontext der heutzutage geltenden Normen, Regeln, der Gender Role Debatte etc., aber mal ganz ehrlich: das will es an dieser Stelle auch gar nicht sein (und außerdem muss man auch bedenken, dass das Regelwerk in dieser Form 2016 erschienen ist, seitdem hat sich da einiges getan. Wenn ich von Schneewittchen und dem bösen Wolf erzählen will, dann will ich auch keine Kritik dahingehend hören, dass Wölfe nicht grundsätzlich schlecht und böse sind und definitiv in einem Rollenspielsystem gar nicht verteufelt (oh, schon wieder eine Überkategorisierung) werden dürfen. Stört es mich, dass hier Sexismus betrieben wird? Ganz ehrlich: nein, denn das hier ist kitschig, old school, nenn es, wie du willst. Natürlich kann ich auch eine “Red Sonya“ unter all den “Conans“ von Malmsturm spielen, so ist es ja nicht. Aber auch in besagten Filmen hatten die Kriegerfrauen eher eine Ausnahmestellung in einer ansonsten von Männern dominierten Welt, und genau so eine Welt will Malmsturm darstellen. Hier wird gar nicht erst der Versuch unternommen, es allen recht zu machen oder eine politisch korrekte Version zumindest in der Theorie vorzuspielen. MALMSTURM ist das, was es ist: roh, blutig, verdorben, hart… Es ist kein Metalzitat, wie es das Buch eigentlich verlangt, und dennoch empfinde ich es als absolut passend: “This is a man‘s world…“!
Ich hätte mir für das Grundregelwerk von MALMSTURM ein noch etwas größeres Bestiarum mit noch mehr Abbildungen gewünscht, denn gerade hierbei trennt sich m.E. häufig auch die Spreu vom Weizen. Eine noch so gut dargestellte Welt steht und fällt letztendlich nicht nur mit seinen Bewohnern, sondern auch mit seiner Flora und Fauna. Da dies aber in den weiteren erhältlichen Bänden nachgesteuert wird, hätte das an dieser Stelle vielleicht zu weit geführt.
Also, greift zu den Waffen (und Würfeln), auf in den Kampf in einer barbarischen Welt, und lasst das Schicksal entscheiden…